Europas Regionen – die unsichtbare Macht?
Martina Michels auf einer Veranstaltung zur Rolle der Regionen in der EU am 16. Juli in Berlin
„Europas Regionen – die unsichtbare Macht?“, so hieß der Titel einer Veranstaltung der Europäischen Akademie Berlin, die sie gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Kultur und Europa am Montag, den 16. Juli 2018, im Berliner Rathaus durchgeführte. Martina traf dort auf Gerry Woop, dem Staatssekretär für Europa in der Senatsverwaltung für Kultur und Europa, der auch das Land Berlin im Ausschuss der Regionen in Brüssel vertritt. Weiterhin kamen Christian Avenarius, der Leiter der Vertretung des Landes Sachsen bei der EU, Sabine Riedel von der Stiftung Wissenschaft und Politik und Barbara Metz, die Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe zu Wort.
Es ging um die Rolle der Bundesländer bei er Lösung politischer Konflikte. Die Stichworte lauteten: Diesel-Fahrzeuge und Luftverschmutzung, Integration von Geflüchteten und Digitalisierung. Die Regionen setzen EU-Regelungen nicht einfach um, sondern haben über en Bundesrat eine eigenständige Rolle in der Ausgestaltung der Europapolitik. Auch über die Landesvertretungen in Brüssel sowie über den Ausschuss der Regionen nehmen die Bundesländer sogar aktiv an der Gesetzgebung der EU teil. Dem entsprechend wurde detailliert nach dem tatsächlichen Einfluss der Regionen in Brüssel, nach der Arbeit einer Landesvertretung bei der EU gefragt und erläutert, wie Interessen ausgeglichen werden welche konkreten Ziele Berlin in der Europapolitik verfolgt.
Allerdings verwies Martina Michels gleich zu Beginn der Diskussion unter Bezugnahme auf den Titel der Veranstaltung, das es nicht um „Macht“ für die Regionen geht, sondern darum, wie sie und ihre Probleme angehört werden. Europäische Politik muss danach beurteilt werden, wie sie die Probleme der Regionen und der Menschen aufgreift und ob sie – wie viel zu oft praktiziert – an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei politisiert. Beispielhaft nannte sie hier die Entwicklung der städtischen Dimension oder die Umweltpolitik.
In der Diskussion kamen dann eine Vielzahl von Beispielen für das Wirken der Regionen auf den Tisch. Gerry Woop erläuterte, wie die Beteiligung an der Mitgestaltung der Finanz- und Haushaltsplanung aussieht oder wie das Land im Konsultationsprozess zur sozialen Dimension Stellung genommen hat. Dabei geht es darum, in der Arbeit Partner auf der nationalen und der europäischen Ebene zu finden und Interessen abzustimmen. Schließlich besteht eines der Ziele auch darin, Mehrheiten dafür zu finden, damit auch höher entwickelte Regionen Förderung durch die EU erhalten.
Am Beispiel der Diesel-Problematik wurde verdeutlicht, wie wichtig die Beteiligung der Regionen beim Zustandekommen von Entscheidungen der EU ist. Sie müssen sich so früh wie möglich in den Prozess der Vorbereitung von Entscheidungen einbringen und nutzen dafür zum Beispiel Frühwarnsysteme, die als Instrumentarien zur Verfügung.
Die Funktionsweise, in der regionale Interessen vertreten werden können, hat im Lauf der Zeit einige Veränderungen erhalten. Martina Michels machte darauf aufmerksam, dass – abweichend vom bisherigen Verständnis der Gleichsetzung von Bundesländern mit Regionen – diese auch einen anderen „Zuschnitt“ erhalten können. Das kann ähnlich wie in der Grenzregion zu Polen aussehen, in der die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Sachsen zusammen mit polnischen Partnern ein «Zukunftskonzept 2030 für den deutsch-polnischen Verflechtungsraum» entwickeln. Oder es kann inhaltlich durch gemeinsame Interessen bestimmt sein, wie sie sich z.B. aus wirtschaftlichen Verflechtungen in der Automobil- oder der Stahlindustrie ergeben.