Martinas Woche KW 24
Straßburg: Kultur, Frauenrechte und ein Dolmetscher*innenstreik
Nach einem anstrengenden Wochenende auf dem Parteitag unserer Partei in Leipzig folgte fast nahtlos eine gleichermaßen intensive Woche in Straßburg. Bereits die im Vornherein angekündigten Themen verhießen, dass es nicht langweilig werden würde:
Das Paket zur Wirtschafts- und Währungsunion und der Beitrag von Kohäsionspolitik zur Kreislaufwirtschaft, der (angeblich) sichere Einsatz von Drohnen zur Gewährleitung von Flugsicherheit gehörten ebenso zu Schwerpunktthemen wie auch:
Debatte zur Zukunft der EU
In der Reihe „Debatte zur Zukunft der EU“ war diesmal der Niederländische Premierminister Mark Rutte zu Gast im Parlament. Er erläuterte seine Vorstellungen zu notwendigen Veränderungen in der EU und stellte sich den Fragen und Meinungen der Fraktionen.
Für die GUE/NGL kritisierte unser niederländische Kollege Dennis De Jong, die ausschließliche Orientierung auf den Binnenmarkt: „Ohne eine stärkere Hinwendung zu den sozialen Problemen der EU-Bürger*innen und die Entwicklung einer echten Sozialunion wird es keine zukunftsfähige EU geben.“
Debatte zur Flüchtlingspolitik und den Vorkommnissen um die MS Aquarius
Während einer Sonderdebatte und während der Debatte über den EU-Gipfel (28.-29.6.) gab es harsche Kritik zur Weigerung der neuen italienischen Regierung, das Flüchtilingsrettungsschiff MS Aquarius anlegen zu lassen. Die Abgeordneten forderten die Staats- und Regierungschefs der EU auf, echte Lösungen für die Migrationskrise zu finden. Erstmals wurden Forderungen laut, den Europäischen Rat (der Staats-und Regierungschefs) durch das Europäische Parlament „auf Untätigkeit“ beim EUGH zu verklagen. Seit Monaten liegen im Rat die Reformvorschläge für eine Reform der Migrationspolitik auf Eis, eine Beschlussfassung im Parlament wird so hinausgezögert.
„Kultur nur für die Freunde der Nacht“
Zu Martinas Schwerpunkten gehörte auch die Debatte zu „strukturellen und finanziellen Hürden beim Zugang zur Kultur“.
Und dabei war es wie so oft: Kulturpolitik wird so spät wie nur irgend möglich verhandelt. Und dies, obwohl gute Rahmenbedingungen für Kulturproduzent*innen, kulturelle Bildung und kulturelle Einrichtungen ganz erheblich sind, um den demokratischen Dialog in und über Europa zu beleben, zu qualifizieren und mit Geschichte und Visionen zu stärken. Als die zuständige Unterhändlerin für die Linksfraktion hat Martina bei dem Bericht, neben konkreten Änderungsvorschlägen beispielsweise die grenzüberschreitenden Steuererhebung auch viele andere zur Verbesserung einer stabilen Infrastruktur von kulturellen Institutionen einbringen können.
Ihre Rede am späten Mittwochabend im Plenum zum „Bericht zu den strukturellen und finanziellen Hürden beim Zugang zur Kultur“ (Berichterstatter: Bogdan Andrzej Zdrojewski) ist hier zu sehen und zu hören. Und die Pressemitteilung dazu findet sich hier.
Istanbul Konvention – gegen Gewalt an Frauen
Eine Foto- und Videoaktion von Abgeordneten der GUE/NGL-Fraktion machte auf den ersten Jahrestag des Beitritts der EU zur Istanbul-Konvention aufmerksam. Damit verbunden ist die Forderung, den umfassendsten internationalen Vertrag und das erste rechtlich verbindliche Instrument zur Verhütung und Bekämpfung körperlicher, psychologischer und häuslicher Gewalt an Frauen nun auch in der EU zu ratifizieren.
Dolmetscher*innenstreik
Kaum eine Beratung im Europäischen Parlament – von der Plenarsitzung bis zu Ausschuss- oder Fraktionssitzungen – funktioniert ohne die Arbeit der Dolmetscher*innen des EP. Ohne sie würden komplizierte politische und fachliche Formulierungen nicht verstanden werden oder der eine oder andere auflockernde Scherz würde verloren gehen.
Eine Änderung der Arbeitsbedingungen – hervorgerufen durch eine Entscheidung des Parlaments-Generalsekretärs – hat heftige Proteste ausgelöst. In einem Streikaufruf protestierten die Dolmetscher*innen dagegen, dass ihre Arbeitszeit von sieben auf acht Stunden täglich verlängert wird. Sie fordern zumutbare Regelungen: höchsten siebeneinhalb Stunden in den Kabinen und maximal zwei Abendeinsätze pro Parlamentswoche.
Die GUE/NGL-Fraktion hat sich solidarisch mit den Streikenden erklärt, von der EP-Verwaltung die Rücknahme der einseitigen Entscheidung verlangt und die Zustimmung zu Verhandlungen gefordert: http://www.guengl.eu/news/article/category//solidarity-with-the-interpreters-strike-in-the-european-parliament
Forderung nach Freilassung von Selahattin Demirtas
In Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen in der Türkei gab Gabi Zimmer für die GUE/NGL-Fraktion eine Erklärung ab, in der sie die Freilassung von Selahattin Demirtas aus der Haft als einem der eines der sechs Präsidentschaftskandidaten forderte. Die ist Voraussetzung, um ihm die Teilnahme an der Wahlkampagne zu ermöglichen. Demirtas befindet sich seit November 2016 in Untersuchungshaft, nachdem seine Immunität als Mitglied der Großen Nationalversammlung der Türkei für die HDP aufgehoben worden war. Gabi Zimmer schloss sich mit der Forderung einem Aufruf der Fraktionsvorsitzenden in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates an, der durch die Haft von Selahattin Demirtas das Prinzip der freien und fairen Wahlen verletzt sieht.
Rückblick und Ausblick
Rückblick Besuchergruppe
Für die Einen Erinnerung an die gerade durchgeführte Brüssel-Fahrt und für Andere Anregung, selbst einmal mit zu fahren, ist dieses kleine von unserem Kollegen Peter Cichorius produzierte Video über unsere jüngste Besuchergruppe.
Ausblick REALPE
Die nächste Konferenz: Sozialer Zusammenhalt, öffentliche Dienste und Investitionen in den Kommunen der GUE/NGL-Fraktion mit Gästen von REALPE – Europäisches Netzwerk der progressiven Abgeordneten und Verantwortungsträger in Gemeindebehörden findet am
28.06.2018, 09:00 bis 18:30 Uhr im Europäischen Parlament in Brüssel statt.
Martina wird gemeinsam mit ihrem griechischen Kollegen Dimitris Papadimpoulis die jüngsten Kommissionsvorschläge zur Zukunft der Kohäsionspolitik, die Folgen von Kürzungen im EU-Haushalt undderen Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erläutern.
Mit dabei wird unsere Berliner Stadträtin Juliane Witt sein und über die regionale Einbindung in der Schulbauoffensive in Berlin berichten.