Lux-Filmpreis 2017: The winner is „Samiblood“
Unerwartet gewinnt ein doppelter Außenseiter
Eine kleine Sensation hatte in diesem Jahr die LUX Filmpreis Verleihung parat. Es gewann der Film über ein Sami aus dem Norden Schwedens. Die Hauptdarstellerin sprach in ihrer kleinen Dankesrede – heute in der Mittagsstunde im Parlament – von Rentieren und Rassismus und betonte, dass dieses Denken, welches uns in ein „wir“ und „sie“ einteilt, endlich aufhören müsste.
Selbstverständlich sind immer alle Nominierung interessante und nicht zu vergleichende Produktionen. Martina hatte sich für die französische Produktion über die Act up Gruppe aus Paris entschieden, schon weil sie eher davon ausging, dass der Favorit Western sicherlich den Preis holt. Nun kam alles ganz anders und dies ist für die filmische wie für die reale menschliche Vielfalt eine gute Erfahrung. Ansehenswert sind alle Produktionen.
Was gab und gibt es in diesem Jahr zu sehen?
Lux Film Preis: Die nominierten Filme 2017
Sami Blood, Amanda Kernell, Schweden / Norwegen / Dänemark
Diese grauen Wolken, den verregnen Sonntag sollte man joiken, um ihnen etwas abzugewinnen, und sich mit ihnen magisch zu versöhnen. Ach, ihr wisst nicht, was Joiken ist? Dann empfehlen wir den epischen Film über eine heranwachsende Sami. Die Sami gehören, zu den – lange auch in Schweden unterdrückten Minderheiten, die in mehreren skandinavischen Ländern zu den indigenen Bevölkerungen gehören. In drastischen Bildern werden in der Kindheit erlebte Diskriminierungen, vom Unterdrücken der Sprache bis zur rassischen Vermessung des Körpers durch schwedische Behörden, erlebbar. Und nur wenige Momente, wie das Joiken der Schwester, zeigen eine tiefe Akzeptanz der Wurzeln, die die Protagonistin ansonsten lieber ein Leben lang verschwieg.
BPM (Bit per Minute), Robin Campillo, Frankreich
Act up Paris ist eine Gruppe von HIV-Positiven und an AIDS Erkrankten, die einen eigenen Kosmos der Debatte und der Vorbereitung von Aktionen gegen staatliche Gesundheitsbehörden, gegen Pharmakonzerne, an Schulen und in der Öffentlichkeit geschaffen haben. Sie kämpfen seit 1989 und sehen AIDS als Herausforderung, sich nicht der Verfolgung von Schwulen, Junkies und Prostituierten zu beugen, Prävention zu fordern, über ihr Leben mit der immer wieder enttäuschten Hoffnung, die Krankheit zu besiegen, zu zeigen. Eine Dokumentation, die gänzlich ohne eine erklärende Off-Stimme auskommt, hält auf die Proteste, die eigenen Konflikte, schwulen Sex, die Tragödie der Ohnmacht beim Sterben. Die im Traum mit Blut gefüllte Seine kündigt den Freitod und die Verzweiflung der Freude von Sean an… ‚Es ist schön dass ihr alle hier seid‘, sagt seine Mutter, nachdem sie ihn angezogen haben und er tot zwischen seinen Freunden liegt. Sean war 26, extravagant und voller Humor, wird in der Pressemeldung von Act up stehen, das er mit gegründet hat. Ein wichtiger Film.
Western, Valeska Grisebach, Österreich / Deutschland / Bulgarien
„Wie großartig Valeska Grisebachs Filme sind, merkt man so richtig erst ein paar Wochen später, nachdem man sie gesehen hat. Dann stellt man überrascht fest, wie nah einem die Figuren noch sind und wie sehr einen noch die Frage umtreibt, warum sie so in diesem einen Moment gehandelt haben. Grisebach verführt zu Nähe und Mitgefühl, und wie die besten Verführer macht sie das mit größtmöglicher Ehrlichkeit. ‚Bei mir liegen die Karten auf dem Tisch, ich benutze keine Tricks“‚ sagt sie.“, so beginnt die glühende Rezension im Spiegel zum erst dritten Film von Valeska Grisebach… Ein Western mit Männern, Frauen, Pferden und der Suche nach sich selbst mitten in Europa, aber weit weg von Daheim.