„Autohersteller aber auch Minister haben sich um ihre Verantwortung gedrückt.“

Europaabgeordnete Cornelia Ernst (DIE LINKE.) in der Debatte des Straßburger Plenums zu „Untersuchung der Emissionsmessungen in der Automobilindustrie“ (4. April 2017)

Bei dieser Abstimmung geht es um die Empfehlungen des Untersuchungsausschusses an die EU-Kommission, der Bericht selbst fand seine Annahme lediglich im Untersuchungsausschuss, wird aber als Ganzes nicht mehr ins Plenum kommen. Dem Plenum werden stattdessen die letztlichen Schlussfolgerungen vorgelegt, zu denen wir nach einem Jahr Arbeit im U-Ausschuss kamen. Wir unterstützen die prinzipielle Stoßrichtung dieses Berichts. In der Debatte werden wir uns weiter für die Einrichtung einer unabhängigen europäischen Marktüberwachungsagentur einsetzen, die der Automobilindustrie streng auf die Finger schaut. Außerdem wäre uns wichtig, dass die Kommission dazu verpflichtet werden sollte, Rechenschaft über ihre künftigen Maßnahmen, die aus den Empfehlungen resultieren sollten, abzulegen und sich zu konkreten Jahreszahlen, für die zügige Einführung von Verbesserungen für Verbraucher_innen im Automobilbereich zu bekennen. Wir werden diesem Bericht zustimmen, denn würde er abgelehnt, wären ein Jahr harter Anhörungen, Debatten und Verhandlungen umsonst gewesen und nicht einmal kleine Verbesserungen in Folge des skrupellosen Abgasbetrugs zu erwarten.

 

Europäische Kontrolle wäre gut – nationales Vertrauen finden sie aber besser

Empfehlungen des U-Ausschusses zu Emissionsmessungen im Plenum angenommen

Das Plenum des Europaparlaments nahm heute die Empfehlungen des Untersuchungsausschusses zu ‚Emissionsmessungen in der Automobilindustrie‘ (EMIS) an. Den gesetzgeberischen Rahmen für diese Empfehlungen soll der ebenfalls heute angenommene Bericht aus dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) liefern. Cornelia Ernst, stellvertretendes Mitglied im EMIS-Ausschuss, kommentiert:

 

„Mit der Annahme der Empfehlungen aus unserem U-Ausschuss öffnet sich jetzt ein entscheidendes Kapitel, worauf wir seit langer Zeit drängen: Die Forderung nach angemessener Entschädigung der betroffenen Verbraucher_innen und die Forderung nach einer harmonisierten Regelung für Entschädigungen in der EU fanden Aufnahme in den letztlichen Text.“

„Leider fehlten am Ende jedoch 13 Stimmen für die Einführung einer europäischen Agentur zur Fahrzeugüberwachung. Für eine solche Agentur hat sich unsere Delegation vehement eingesetzt, da die erste Lehre aus ‚Dieselgate‘ schließlich war, dass die Mitgliedstaaten in ihrer Rolle der Marktaufsichtsbehörde kläglich und/oder bewusst versagt haben. Ebenso fehlte uns eine Mehrheit im Plenum für ein transparentes Lobbyregister, das wir mit unseren erneuten Anträgen in den Empfehlungen verankern wollten. Hier gilt es, weiterhin Druck für mehr Transparenz zu machen. Schließlich ist die Schädlichkeit enormer Intransparenz die zweite Lehre, die aus ‚Dieselgate‘ gezogen werden sollte.“

„Deshalb müssen wir, in unserer Funktion als kontrollierendes Organ, weiterhin politischen und öffentlichen Druck auf Kommission und Rat ausüben, um streng zu prüfen, inwiefern die Forderungen des Parlaments letztendlich auch umgesetzt werden. Denn leider löst auch kein noch so guter Bericht das Problem der Verlogenheit innerhalb von Wirtschaft und deutscher Politik, das auch im EMIS immer wieder unverblümt zum Ausdruck kam.“

„Ich habe selten eine Veranstaltung erlebt, bei der so viel, so hemmungslos und so dreist gelogen wurde wie in manchen Sitzungen dieses Ausschusses. Allen voran Autohersteller aber auch Minister haben sich wirklich um ihre Verantwortung gedrückt. Organisationen wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) waren dagegen Rufer in der Wüste, ihnen gebührt unser Dank. Die Verbraucher_Innen wurden jahrelang betrogen. Jetzt werden sie in Europa nicht mal entschädigt und im Bericht spiegelt sich das auch nicht wider, das finde ich schlimm. Keine Entschädigung also für Autos, die die Luft verpesten und Hersteller, die auf Umwelt und Gesundheit der Menschen pfeifen. Was wir wirklich brauchen, sind harte Regeln, Kontrollen und Sanktionen sowie eine starke europäische Aufsicht, die dafür steht. Der Diesel, meine Damen und Herren, zumindestv der Diesel ist ein Dinosaurier und wer darauf noch immer setzt, das sei auch den Gewerkschaften gesagt, verpasst den Zug und auf dem Bahnhof stehen Tausende Beschäftigte, die sitzengelassen werden. Wir brauchen einen grundlegenden Wandel in der Auto- und Fahrzeugindustrie bevor es zu spät ist.“ Straßburg, 4. April 2017

——————————————————————————————

Commission and member states must take political responsibility for Dieselgate

The European Parliament today debated the final recommendations of the Committee of Inquiry into Emission Measurements in the Automotive Sector (EMIS) that was established in the wake of the Volkswagen emissions scandal.

For a year, the Committee heard evidence from representatives of the car manufacturers, lobbyists, experts and Commission officials, including the current President of the European Parliament, Antonio Tajani.

Neoklis Sylikiotis, GUE/NGL shadow rapporteur for EMIS, said that the inquiry committee found serious political failings leading up to the scandal:

“The Commission and member states knew very well since 2013 – upon the release of the Joint Research Center (JRC) report – about the use of defeat devices to cheat on NOx emissions, but they didn’t do anything.”

“The inaction was not due to lack of information or lack of necessary funding. The delays were the result of pressure from the car industry lobby and the Commission’s lack of political will to make the protection of public health a priority.”

“We denounce the Commission and member states for not taking political responsibility for the scandal due to their failure in implementing EU law and impose sanctions on car manufacturers. Those responsible for the gaps in legislation and the impunity afforded to multinationals should be held to account.”

“The case of Volkswagen is part of a larger scandal affecting the industry,” Sylikiotis added.

German MEP Cornelia Ernst lamented that the final report of the Committee did not recognise the right of consumers to receive compensation:

„I have rarely attended an event where so many unrestrained and shameless lies were uttered as in some sittings of the EMIS Committee. Car manufacturers and officials ducked responsibility.”

“Organisations like Deutsche Umwelthilfe (DUH) that issued warnings about the potential cheating were like lone callers in the desert and therefore deserve our thanks. Consumers were betrayed for years yet they are not receiving compensation.”

“We need tough rules, controls and penalties as well as a strong European watchdog. The use of diesel fuel should be a thing of the past. What we need is fundamental change in the automotive sector before it’s too late.”

Separately, MEPs debated a report about legislation for a new system of type approval and market surveillance for the automotive industry. The Dieselgate scandal brought urgency for a more robust mechanism than the one currently in place, which was last revised in 2007.

GUE/NGL Rapporteur for the file, Dennis de Jong, expressed dissatisfaction with the proposals in the report:

“If a car is type-approved in one member state it is fit to drive throughout the EU and this is a positive thing for car manufacturers.”

“However, if cheating happens it escapes detection by the authorities. The Commission and member states have failed to act despite knowing this. The Commission did nothing after the CARS 2020 action plan nor have adequate inspections taken place.”

“We need a body that can closely monitor adequate implementation of the legislation to avoid recurrence of cheating. I do not think the proposals in consideration reflect the steps needed to solve the problem and therefore our group will vote against this report.”  

Finnish MEP Merja Kyllönen agreed with the need for a new agency to monitor violations:

“Nothing was done when the cheating came to light because the Commission believed the lobbyists when they said that thousands of jobs would be lost and that jobs would leave the EU. Consumers paid the price, with many falling ill from the consequences of pollution.”

“When an EU citizen violates a rule they get punished, but when member states or big corporations do the same, the EU is very lenient on them and this shouldn’t be the case,” Kyllönen concluded.