Wege und Möglichkeiten einer neuen Investitions- und Handelsstrategie

Eine Zusammenstellungen zum Stand und den Aussichten der derzeit von der EU verhandelten Freihandelsabkommen

VIDEO: Deutsche Übersetzung (Original Englisch)

 

Helmut Scholz ist seit 2009 Europaabgeordneter und handelspolitischer Sprecher der Delegation DIE LINKE. im Europaparlament. Er ist Mitglied des Handelsausschusses INTA und dortiger Koordinator der Linksfraktion GUE/NGL. Er ist auch Initiator der Kampagnenseite fair-handeln-statt-ttip.de und beschäftigt sich seit Jahren auf parlamentarischer Ebene mit Fragen der Internationalen Handelspolkitik.
Im Folgenden beginnt Helmut Scholz eine Art Dossier zu Fragen, Herausforderungen und Schwierigkeiten einer alternativen Internationalen Handelspolitik der Europäischen Union.

Dieses Sammelsurium wird kontinuierlich ergänzt und soll die Koordinierung parlamentarischer, zivilgesellschaftlicher und alternativer Opposition gegen die derzeit verhandelten Freihandelsabkommen CETA, TTIP und TiSA dokumentieren.

Nur wenn der Widerstand der Ebenen der parlamentarischen, zivilgesellschaftlichen und bürger*rechtlichen Opposition gemeinsam verstanden wird, lässt sich das eigentliche Ziel nachhaltiger Wirtschaftspolitik erreichen: Es gilt nicht nur, die derzeitigen Verhandlungen zu stoppen und bisherige Freihandelsabkommen zu korrigieren. Das eigentliche Ziel muss eine alternative Handels- und Investitionspolitik en Gros sein, eine solche können und müssen wir gemeinsam verhandeln, zum Wohle aller eigentlichen Addressaten von internationaler Wirtschaftspolitik: den verschiedenen Gesellschaften; einer fairen, nachhaltigen Wirtschaft und dem Schutz der Umwelt.

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  • 15. Oktober 2015: „Vorstellung der neuen Handels- und Investitionsstrategie durch Kommissarin Malmström“
  • 15. Oktober 2015: „Alternative Handels- und Investitionsstrategie: Herausforderungen für die Linksfraktion im Europaparlament GUE/NGL, die Europäische Linke, linke Bewegungen und die europäische Zivilgesellschaft“

 

Vorstellung der neuen Handels- und Investitionsstrategie durch Kommissarin Malmström

Am 15. Oktober 2015 stellte Handelskommissarin Cecila Malmström im Handelsausschuss des Europaparlaments, INTA, den Bericht zur zukünftigen Handelsstrategie der Europäischen Union vor. Lesen Sie hier das Transkript der dazugehörigen Wortmeldung von Helmut Scholz:

Im Titel Ihrer Mitteilung versprechen Sie eine Entwicklung in Richtung auf eine stärker verantwortliche Handels- und Investitionspolitik. Und Sie sagen auch, dass der Handel nicht nur bei uns diskutiert wird, den EU-28, sondern weltweit. Da stimme ich Ihnen zu.
Wir sehen auch den Druck, dass man dieser Diskussion zuhört und er Eingang in die Strategie finden muss. Mehr Verantwortung. Aber die Verantwortung reicht nicht. Wir brauchen eine wirklich verantwortliche Handels- und Investitionspolitik, und damit müssen wir heute anfangen! Deshalb brauchen wir die Möglichkeit, jetzt mit Ihnen zu diskutieren. Jetzt und in den nächsten Tagen.
Ausdrücklich begrüße ich, dass Sie auch die Ziele des fairen Handels in die Strategie aufgenommen haben und dass Sie sich einsetzen für nachhaltige Entwicklung und Menschenrechte, sowie Umweltauswirkungen. Denn der Handel ist ein Instrument der gesellschaftlichen Wirtschaftsentwicklung in der EU-28, aber auch in den Drittländern.

 

Es wird Sie nicht überraschen zu hören, dass ich angesichts dieser Herausforderungen noch mehr erwartet habe. Wir brauchen verbindliche Vorschriften, damit schlechte Produkte aus unserem Markt ferngehalten werden können. Mit schlechten Produkten meine ich nicht nur gifitige und gefährliche Produkte, sondern ich beziehe mich auch auf die Produktionsverfahren mit Kinderarbeit, Zwangsarbeit und andere Arten der Ausbeutung wie sehr niedrige Löhne. Die EU hat sich für anständige Arbeitsbedingungen eingesetzt, das muss auch in unseren Außenbeziehungen reflektiert sein: Wir müssen die Verantwortung für die gesamte Produktions- und Lieferkette sehen. Wenn man nur von der gesellschaftlichen Verantwortung der Firmen spricht, vergisst man, dass auch die Europäische Union eine gesellschaftliche Verantwortung trägt. Damit die Europäische Kommission auch gemeinsam mit dem Europäischen Parlament den Regelungsrahmen entwickelt, der der Realität des Welthandels gerecht wird.

Die Aufklärung der Verbraucher* reicht nicht aus. Der Verbraucher* will nicht ständig entscheiden und beurteilen müssen, ob ein Produkt unter menschlichen Bedingungen produziert wurde, sondern er muss einfach die Sicherheit haben, dass, was auf den europäischen Markt kommt, nicht mit Kinderarbeit produziert wurde. Genauso gilt dies beim Handel in Dienstleistungen und Internetdienstleistungen.
Es fehlt einfach an Vorschriften, die die Dienstleistungsqualität gewährleisten. Das ist wichtig für die Schaffung von Arbeitsplätzen, gerade in der jetzigen Lage der Europäischen Union. Das betrifft auch die ganze Europäische Union und nicht nur die am höchsten entwickelten Mitgliedstaaten. Sie müssen alle den Anforderungen für Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit genügen.
Betrug muss bekämpft werden. Das ist auch die Frage wenn eine Versicherung mit Sitz in Vietnam einen Schaden nicht kompensieren will. Das hängt doch alles zusammen in der globalisierten Wirtschaft und das muss in unserer Strategie reflektiert werden.
Ich möchte auch gar nicht weiter sprechen. Ich hoffe, dass wir die Möglichkeiten bekommen, uns konkret zu diesem Thema zu äußern. Ich hoffe, dass wir dann auch die Möglichkeit bekommen. Und ich hoffe, dass wir die Diskussion zur neuen Handelsstrategie auch im Parlament werden fortführen können.“

Finden Sie hier das zugehörige Communiqué der Kommission (Download).

 

Alternative Handels- und Investitionsstrategie: Herausforderungen für die Linksfraktion im Europaparlament GUE/NGL, die Europäische Linke, linke Bewegungen und die europäische Zivilgesellschaft

Undemokratische internationale Freihandelsabkommen – CETA aufschnüren, TTIP-Verhandlungen stoppen und TiSA verhindern!

Am 10. Oktober versammelten sich in verschiedenen europäischen Städten Hunderttausende um gegen TTIP, CETA und TiSA zu protestieren. Die Linksfraktion im Europaparlament GUE/NGL ist stolz darauf, an der Planung dieses internationalen Protests beteiligt gewesen zu sein. Unsere Fraktion organisierte bereits häufiger erfolgreiche Konferenzen mit sozialen Bewegungen, Netzwerken und progressiven Parlamentarierinnen und Parlamentariern. Unsere Unterstützung und gemeinsamen Anstrengungen waren essentiell um die politische Kampagne gegen TTIP, CETA und TiSA in vielen Ländern zu stärken. Wir müssen diese Arbeit auch im Jahr 2016 weiterführen. Der Beginn der Ratifizierung von CETA wird für Frühling 2016 erwartet und der Abschluss der TiSA-Verhandlungen wird ebenfalls für 2016 angesetzt. Zu bedenken sind außerdem die Möglichkeiten, die daraus erwachsen, dass TTIP und TPP im US-Wahlkampf eine wichtige Rolle spielen werden.

Vorschlag:

Wir organisieren einen Workshop, der dazu dienen soll, eine Stop-CETA Kampagne im Europaparlament, in den Mitgliedstaaten und im Rat zu koordinieren. Die Teilnehmenden sollen aus den parlamentarischen Fraktionen, aus Parteien, Netzwerken der Zivilgesellschaft kommen, außerdem werden Gäste aus Kanada erwartet.

Hintergrund I:

Wir möchten darüber hinaus die linken Kräfte in ihrem Widerstand gegen TTIP, TiSA und CETA bündeln. Unsere Konferenz im August 2016 soll dazu dienen, zusammen zu kommen und Strategien zu besprechen. Wir werden die Gefahren der Verhandlungen für soziale, zivile Freiheiten, politische Regierungsfähigkeit und Umweltrechte, sowie den ISDS-Mechanismus im Besonderen herausstreichen. Die Konferenz wird zusätzlich die breite Initiative für ein alternatives Handelsmandat unterstützen und die Netzwerke verstärken, zu denen auch jene der Parlamentarier und Parlamentarierinnen zählen.

Hintergrund II:

Die Linksfraktion im Europaparlament GUE/NGL, ist die einzige Fraktion, die geschlossen gegen die Erteilung des Mandats durch den Rat stimmte. Unsere Fraktion organisierte bereits verschiedene Konferenzen mit sozialen Bewegungen und gab eine Studie bei der Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklungen (ÖFSE) in Auftrag, die die Folgenabschätzung der Kommission infrage stellte. TTIP war das zentrale Thema vieler Kampagnen in verschiedenen Länder.
Die Europäische Kommission startete eine Konsultation zu ISDS und kündigte an, die Schlussfolgerungen daraus im kommenden November bekannt zu geben.

Währenddessen schloss es die CETA-Verhandlungen mit Kanada ab, inklusive dem ISDS Mechanismus, der dem vorgesehenen in TTIP sehr ähnlich ist. Die Bürger- und Bürgerinneninitiative gegen TTIP wurde im Juli gestartet und von vielen Organisation sowie der Linksfraktion GUE/NGL unterstützt. Vorletzte Woche wurde sie mit über drei Millionen Unterschriften bei der Kommission eingereicht.