Die Gewinne der einen sind die Schulden der anderen!

Gabriele Zimmer, Europaabgeordnete der LINKEN: „Sie werden sich auf dem bevorstehenden Ratsgipfel mit dem Europäischen Semester befassen und dabei auch herausstellen, wie positiv die Ergebnisse zu beurteilen sind. Schließlich befinden wir uns unmittelbar vor den Europawahlen und da wäre es wahrscheinlich sehr naiv, zu erwarten, dass die Regierungschefs um Klarheit und schonungslose Aufklärung bemüht sind.

Meine Fraktion hat wiederholt eingefordert, dass Lehren aus dem fehlgeschlagenen Krisenmanagement zu ziehen sind. Die wirtschaftliche Erholung, auf die Sie auch heute immer wieder verwiesen haben, zielt in erster Linie darauf, vor allem auch die Opfer der Krise – die, die eigentlich überhaupt nichts mit Finanzmarktspekulationen, mit Steuerhinterziehungen zu tun haben – zur Verantwortung zu ziehen. Bei den Opfern der Krise kommt diese Wirtschaftserholung nicht an. Dazu sind die wirtschaftlichen, die finanziellen und auch die sozialen Ungleichheiten einfach zu groß. EU-Mitgliedstaaten leiden unter brutalen Kürzungen der öffentlichen Haushalte. Sie belasten gerade jene, die eben nichts mit der Verursachung der Krise zu tun haben.

Andererseits hat die Bundesrepublik Deutschland allein im Jahr 2013 einen Exportüberschuss von 199 Milliarden Euro abgeschlossen. Das ist der größte Exportüberschuss weltweit und auch in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Kommissar Rehn hat darauf verwiesen und gleichzeitig gesagt, dass zu wenig in Deutschland investiert wird. Die Rolle der Bundesregierung innerhalb der EU lässt sich mit der des FC Bayern in der Bundesliga vergleichen. Beide schwimmen oben auf der Wurstsuppe. Beide sind auf das Engste mit dem internationalen Finanzkapital verbunden. Der FC Bayern wird von einem Präsidenten geführt, der mit ungeheuren Finanzspekulationen und einer Steuerschuld von 27,2 Milliarden Euro im Rücken den Moralapostel spielt und anderen arrogante Ratschläge erteilt, wie sie z. B. den Wettbewerbsabstand in der Bundesliga verkürzen können. Gleichzeitig treten Angela Merkel und der Finanzminister Schäuble ebenso auf. Und ich bleibe dabei: Die Gewinne der einen sind die Schulden der anderen! Das deutsche Rezept taugt nur für die deutsche Wirtschaft – und das auch nur kurzfristig! Wenn daran nichts geändert wird, schwebt über der Europäischen Union das Damokles-Schwert der nächsten europäischen Krise! 

Im Rahmen des Europäischen Semesters wurden hochverschuldete Staaten unter makroökonomische Aufsicht gestellt. Warum, so frage ich, wird nicht die Bundesrepublik Deutschland ebenfalls unter makroökonomische Aufsicht gestellt und erhält selbst klare Auflagen zur drastischen Erhöhung von Mindesteinkommen, Mindestlöhnen und zu massiven nachhaltigen Investitionen?

Der Gipfel wird sich auch mit der Vorlage der Kommission zu den Klimazielen 2020 bis 2030 befassen. Ich habe mit Erschrecken festgestellt, dass den einzelnen Mitgliedstaaten keine ambitionierten, keine verbindlichen Ziele mehr auferlegt werden sollen, und dass es auch zur Effizienz keine Aussagen der Kommission mehr gibt. Ich empfinde das als ein Trauerspiel, weil ich der Überzeugung bin, dass wir der Krise und den globalen Herausforderungen als EU nur dann trotzen können, wenn wir uns wirklich einem sozial-ökologischen Umbau stellen, wenn wir soziale und ökologische Mindeststandards einführen und wenn wir diese im Interesse der Menschen und der Entwicklung der Europäischen Union auch wirklich durchsetzen!“