Berlin-Brüssel-Strasbourg: Erster Eindruck – läuft.

Seit Montag bin ich endlich eine echte Europaabgeordnete: Der Präsident des Europäischen Parlaments hat zu Beginn der Plenartagung am 07. Oktober (tolles Datum, oder?) offiziell verkündet, daß alle entsprechenden Nachprüfungen im Zusammenhang mit meinem Mandat nun endlich abgeschlossen sind. Inzwischen habe ich alle meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen, in Brüssel eine kleine Wohnung gefunden, kenne die schnellsten Flug- und Zugverbindungen zwischen Berlin, Brüssel und Strasbourg und verlaufe mich nicht mehr ständig in den verschiedenen Parlamentsgebäuden.

Das Europaparlament war mir auch bisher nicht fremd: Meine Tätigkeit als Vorsitzende des Europaausschusses im Abgeordnetenhaus Berlin und im Ausschuß der Regionen haben mich oft nach Brüssel geführt. Dennoch sind die vielen neuen Themen, Strukturen und Abläufe sowie die Geschwindigkeit, mit der hier Vieles entschieden und erledigt werden muß, eine ordentliche Herausforderung. Nur einige wenige Beispiele:

In Brüssel erhielt die GUE/NGL-Fraktion Besuch des Vorsitzenden der griechischen Linkspartei SYRIZA. Er erläuterte einige Hintergründe über die rechtsextreme Partei „Goldene Morgenröte“, die bereits für eine Reihe von Morden auch an Linken verantwortlich ist und nun endlich auch von Seiten der griechischen Justiz zur Verantwortung gezogen wird. (Auch in der Plenartagung in der darauffolgenden Woche fand eine hochinteressante Debatte zu rechtsextremistischen Entwicklungen in der EU statt.) Zweites Hauptthema der Diskussion mit Alexis Tsipras war die künftige Entwicklung der EU. Man müsse sich entscheiden, ob es ein Europa des sozialen Zusammenhalts, der Demokratie und des wirtschaftlichen Wachstums sein soll oder ein Europa des Neoliberalismus und der Barbarei. Nur mit konkreter Solidarität zwischen den Menschen, Völkern und gerade auch linken Parteien könne es gelingen, Armut wirksam zu bekämpfen und Europa-Skeptizismus und Rechtspopulismus den Garaus zu machen. Es gibt ja durchaus gute Beispiele wie Marshall-Plan, Schuldenmemoranden und solidarischen Ausgleichzahlungen zwischen Regionen.

Im Ausschuß für Kultur und Bildung werde ich als so genannte Schattenberichterstatterin an der Erarbeitung einer Stellungnahme über  den Europäischen Binnenmarkt für elektronische Kommunikationsdienste zuständig sein. Dabei geht es um so wichtige Fragen wie Roaming und Netzneutralität.

Auch die Mitgliedschaft in der China-Delegation des Europäischen Parlaments verspricht spannend zu werden: In der ersten Sitzung, an der ich teilgenommen habe, ging stand gleich ein Treffen mit dem EU-Sondergesandten für Menschenrechtsfragen auf der Tagesordnung, als Teil der Vorbereitung auf das nächste Gipfeltreffen zwischen der EU und der VR China. Dabei wird es dann auch um den Beginn von Verhandlungen zu einem Investitionsschutzabkommen gehen. Das Europaparlament hat in dieser Woche eine Resolution verabschiedet, in der es fordert, dabei auf klare Auflagen für Investoren, Arbeitnehmerrechte, gewerkschaftliche Rechte und Umweltauflagen zu achten und den Kultursektor aus diesen Wirtschaftsverhandlungen ganz herauszulassen.

Enttäuscht war ich, daß das Europäische Parlament mit einer rechts-konservativen Mehrheit von 387 zu 218 Stimmen eine Resolution abgelehnt hat, die sich gegen die von der europäischen Kommission vorgeschlagenen Verlängerungen der Flugdienstzeiten von Piloten wendet. Und das, obwohl der gesunde Menschenverstand ebenso wie wissenschaftliche Gutachten solche Arbeitszeitverlängerungen als direkt lebensgefährlich einschätzen.

Mehr und aktuelle Infos gibt es auf der Website der LINKEN im Europaparlament.

Nur wenige Tage nach dem erneuten Flüchtlingsdrama im Mittelmeer hat es dennoch ebenfalls eine Mehrheit für EUROSUR gegeben. EUROSUR mit Hilfe von aufwendiger Überwachungstechnik wie Satelliten und Drohnen die europäischen Außengrenzen vollständig überwachen helfen. Dadurch gewonnene Daten sollen dann zwischen Mitgliedstaaten und auch mit Frontex, Europol und Nachbarstaaten ausgetauscht werden. Die LINKEN Abgeordneten haben natürlich dagegen gestimmt.

Kaum bin ich zu Hause, da geht es bald schon wieder los mit der Vorbereitung auf das  nächste Plenum. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem Umwelt- und Klimapolitik, die Verleihung des Sacharow-Preises für geistige Freiheit, EU-Programme für den Infrastrukturausbau, Außen- und Handelspolitik und die Beziehungen mit Iran, Rußland und den EU-Nachbarstaaten im Osten und auch eine Abstimmung über die Aussetzung des SWIFT-Abkommens mit den USA im Zuge des NSA-Skandals. Dies und mehr wird in der Fraktionswoche zwischen den linken Abgeordneten in Brüssel vordiskutiert werden, bevor es am 24. Oktober wieder nach Strasbourg geht. 

Ich werde berichten …

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