Nicht nur Gewinne einstreichen lassen

Mit jeder Bohrinsel werden das Risiko und die Umweltverschmutzung größer.

Rede Sabine Wils zur Sicherheit von Offshore-Aktivitäten zur Prospektion, Exploration und Förderung von Erdöl und Erdgas am 10. 07. 2012 im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Vielen Dank!

Zu Anfang möchte ich kurz bemerken, dass ich es für unangemessen halte, dass wir als Umweltausschuss lediglich eine Stellungnahme für den Industrieausschuss schreiben dürfen. Die Kommission hat einen Vorschlag über die Sicherheit von Offshore-Aktivitäten vorgelegt. Dabei geht es vorrangig um die Sicherheitsbedingungen dieser Aktivitäten in Hinblick auf mögliche Umweltschäden und daraus resultierenden Gefahren für Mensch und Tierwelt. Es ist unser Ausschuss, der für Umweltschutzmaßnahmen, die Sanierung von Umweltschäden und den Klimawandel zuständig ist.

Der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie, ITRE, zuständig für die Industriepolitik der Union, sollte mit uns zusammenarbeiten, aber nicht federführend. Ich habe die Befürchtung, dass mit damit von vornherein die Richtung des Parlaments vorgegeben ist.

Dennoch begrüße ich es ausdrücklich, dass die Kommission bei der Sicherheit von Offshore-Aktivitäten Handlungsbedarf sieht und einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt hat. Damit bekommt die EU die Möglichkeit, Mindeststandards direkt in den Mitgliedsstaaten umzusetzen.

Unionsweit gültige, ambitionierte Standards sind wichtiger denn je. Kaum ein Öl- oder Gasvorkommen scheint mehr sicher vor dem Profithunger der Öl- und Gas fördernden Konzerne zu sein. Die relativ einfach auszubeutenden fossilen Reserven neigen sich drastisch dem Ende zu. Ihrem Gewinnstreben folgend wenden  sich die Konzerne jetzt den Restvorkommen zu. Schließlich steigen ja auch die Preise und ebenso die Nachfrage.
So kommt es, dass neben Teersanden und Schiefergas auch die schwer zugänglichen Öl- und Gasquellen in den Meeren ausgebeutet werden, auch wenn diese mehrere Kilometer unter der Wasseroberfläche liegen.

Selbst die Kommission schreibt in ihrem Vorschlag, dass das Risiko eines schweren Offshore Erdöl- oder Erdgasunfalls in EU-Gewässern erheblich ist. Diese werden immer wieder vorkommen, wie wir vor allem in den letzen zwei Jahren sehen konnten. Wenn es also zu einem Unfall kommt, muss zumindest sichergestellt sein, dass die verantwortliche Firma für alle Umweltschäden aufkommen kann und auch tatsächlich aufkommt.

Hierzu ist mir Artikel 4 im Kommissionsvorschlag zu vage. Es muss eindeutig festgelegt sein, dass sichere und ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, bevor einer Firma die Bohrlizenz erteilt wird.

Die Firmen dürfen nicht nur die  Gewinne einstreichen, sondern müssen auch für die von ihnen verursachten Schäden aufkommen. Ich warne vor einer Aufweichung an dieser Stelle, da sonst am Ende die europäischen Steuerzahler für die Schäden aufkommen müssen. Ich denke, da geht der Berichterstatter mit seinen Änderungsvorschlägen in die richtige Richtung.

Öl- und Gasbohrungen in der Arktis oder in ähnlich sensiblen Gebieten halte ich wegen des Unfallrisikos für nicht vertretbar. Keine Firma kann die Kosten einer Ölkatastrophe in der Arktis tragen. Es gibt hierzu auch keine Erfahrungen wie mit Ölkatastrophen im Eismeer umzugehen wäre.

An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass Bohrinseln auch im Normalbetrieb das Meer mit Öl verschmutzen. Es sind zwar relativ kleine Mengen, dafür fließen diese aber stetig. Durch Bohrinseln (Lecks, Bohrschlamm, etc.), Tankerunfälle und Raffinerieabwässer gelangen jährlich etwa sechs Millionen Tonnen Erdöl ins Meer. Mit jeder Bohrinsel werden das Risiko und  die Umweltverschmutzung größer. Wenn die Firmen diese Verschmutzung nicht stoppen können oder wollen, sollten sie überhaupt keine neuen Lizenzen in sensiblen Gebieten erhalten.

Die Ölkonzerne verwenden immer noch einen Großteil ihrer Investitionen für die Erschließung von Öl- und Gasquellen. Die Manager verkünden ihre Botschaft vom ewigen Überfluss und verschließen die Augen vor der Tatsache, dass die Ressource Öl nicht erneuerbar ist.
Hier ist die EU gefordert, dafür zu sorgen, dass die Konzerne mehr in erneuerbare Energie investieren, statt mit immer größerem Aufwand und höheren Kosten Öl und Gas zu fördern.
Es gilt daher, neue Offshore-Bohrungen, vor allem in sensiblen Gebieten, zu verhindern und ambitionierte Sicherheitsbestimmungen zu verabschieden. Nur so werden wir die Umwelt schützen und den erneuerbaren Energien den Weg bereiten.