Jeder gegen Jeden: EU „spart sich“ territorialen Zusammenhalt
Die Kommission hat heute ihre Vorschläge zur Verschärfung des Wachstums- und Stabilitätspakt vorgestellt. Geht es nach ihrem Willen, müssen die EU-Staaten ihre Budgets künftig in Brüssel abnicken lassen, bevor die Parlamente abstimmen. Länder, die die Verschuldungsregeln des Spar-Paktes nicht einhalten können, müssen um Fördermittel aus den Struktur-, Kohäsions-, Agrarfonds fürchten. Jürgen Klute, Koordinator der Linksfraktion im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments ist mit den Vorschlägen von Kommissar Rehn nicht einverstanden:
„Die Kommission muss endlich aufhören, ihre Rezessionspolitik als Wirtschaftsregierung zu verkaufen. Europa krankt tatsächlich daran, dass es an wirtschafts- und fiskalpolitischer Koordinierung fehlt. Ein freier Handelsraum braucht Schutz- und Ausgleichsmechanismen, die einem Wettbewerb à la „jeder gegen jeden“ vorbeugen. Entgegen ihrem Auftrag als Vertreterin europäischer Gesamtinteressen wagt die Kommission es weiterhin nicht, die außenwirtschaftliche Rambo-Strategie Deutschlands anzugehen, das durch das hemmungslose Antürmen von Handelsüberschüssen die Entwicklung der gesamteuropäischen Binnennachfrage abwürgt.
Deutschland ist der Hauptverantwortliche für die Schuldenkrise in Süd- und Osteuropa und müsste deshalb mindestens für die Folgen seiner Politik aufkommen. Die Struktur- und Kohäsionsfonds sind der bisher viel zu dürftige Kern des „sozialen Europa“. Statt einer Aussetzung der Zahlungen für Defizitländer bräuchte es eine entschiedene Aufstockung, um das wirtschaftliche Auseinanderfallen der EU zu bremsen. Statt den nationalen Parlamenten ihres zentralen Rechtes zu berauben, nämlich über die Verteilung der öffentlichen Gelder zu entscheiden, müsste jetzt ein europäischer Länderfinanzausgleich eingeführt werden. Ein europäischer Mindestlohn in Höhe von 60 % der nationalen Durchschnittslöhne muss verhindern, dass die EU-Staaten sich gegenseitig arm konkurrieren.“
Brüssel, 30.06.2010
Für weitere Informationen:
Sonja Giese
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Mobil: +32 (0)486 94 50 21
sonja.giese(at)europarl.europa.eu