3. Ergebnis des Gipfels vom 7. Mai 2010 und der ECOFIN-Tagung
Rede im Plenum des Europäischen Parlaments
Herr Präsident! Die letzten Ratstagungen weisen auf tiefgreifende Veränderungen hin. Was wir aktuell erleben, ist ein Prozess der Gouvernementalisierung der Europapolitik. Wurde nicht in Lissabon die Rolle des Parlaments, seine Stärkung gelobt? Wir haben das auch gelobt.
Tatsächlich werden jetzt ganz grundlegende Festlegungen zwischen den Regierungen getroffen und unvorstellbar hohe Summen ausgegeben. Die Parlamente haben bisher zu wenig zu sagen, und da muss man sich wehren. Mit der Methode, die die Regierenden angewandt haben, sind gewaltige Summen in die Rettung selbstverschuldet hochverschuldeter Banken geflossen. Diese Regierungen haben mit Steuergeldern den Kasinokapitalismus gerettet. Bei der Rettung verschuldeter Staaten sind sie vor allem durch Zögerlichkeit aufgefallen. Irgendwo hat man dann 750 Milliarden Euro ausgegraben. Die Frage ist: Rettet die Gelddruckmaschine die wirtschaftliche Entwicklung? Ich glaube, sie rettet eher das Kapital der Banken. Die Europäische Union muss aber mehr sein als ein freier Binnenmarkt mit einer einzigen Währung.
Kommissionspräsident Barroso hat recht, wenn er sinngemäß sagt, ohne eine wirtschaftspolitische Union könne man auch die Währungsunion vergessen. Allerdings kann ich da noch keine klaren Konturen erkennen. Das Pochen auf den gescheiterten Stabilitäts- und Wachstumspakt hat mit einer sinnvollen wirtschaftspolitischen Koordination relativ wenig zu tun. Es fehlt eine Sozialunion. Was fehlt, ist die nachhaltig wirksame Reregulierung des Finanzsektors. Es fehlt eine koordinierte Steuerpolitik, es fehlt eine koordinierte Lohnpolitik, es fehlt die Finanztransaktionssteuer, obwohl sie schon sehr lange im Gespräch ist, aber eben nur im Gespräch.
Es ist Zeit, den Sozialstaat durch die Institutionen der EU zu sichern, nicht ihn abzubauen. Die Angst der Griechen und anderer Bevölkerungen kommt ja auch daher, dass sie sehen, wie sozial zugegriffen wird. Es ist Zeit, für eine Harmonisierung sozialer Standards auf hohem Niveau zu streiten.
Hedgefonds gehören verboten, Steueroasen endlich ausgetrocknet. Bei der Bekämpfung der Finanzmarktkrise kommt man nur im Schneckentempo voran. Das ist angesichts der Spekulationsgeschwindigkeiten zu wenig. Gänzlich falsch ist es, in den immer häufigeren Notsituationen die Milliarden als Verluste zu sozialisieren und die Gewinne zu privatisieren. Die Banken dürfen sich nicht unter Mithilfe des Staates direkt beim Steuerzahler bedienen. Nebenbei ist für mich eines sicher: Man wird unter den gegenwärtigen Bedingungen den Begriff des Bankräubers neu definieren müssen.