Bundesverfassungsgericht verteidigt Datenschutz
Ernst: „Menschen gehören nicht unter Generalverdacht gestellt!“
„Das Urteil ist von entscheidender Bedeutung für Datenschutz, Datensicherheit und Transparenz in Deutschland und ein wichtiges Signal an die Gesetzgeber auf europäischer Ebene“, erklärt Cornelia Ernst. Im bisher umfangreichsten Massenklageverfahren hat das Bundesverfassungsgericht heute entschieden, dass die präventive Speicherpflicht von Telefon- und Internetverbindungsdaten in seiner jetzigen Form gegen das Grundgesetz verstößt. Die bislang gespeicherten Daten müssen „unverzüglich“ gelöscht werden.
Bei der Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie in nationales Recht sei man weit über die europarechtliche Zielsetzung der Datenspeicherung hinausgegangen, so die Karlsruher Richter. Das seit Januar 2008 geltende Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet die Telekommunikationsanbieter dazu, Telefon-, E-Mail- und Internetverbindungen aller Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ohne konkreten Anlass jeweils sechs Monate lang zu speichern. Dagegen hatten fast 35.000 Menschen geklagt. „Das heutige Urteil bestätigt, dass es sich bei der präventiven Vorratsdatenspeicherung um einen gefährlichen und unverhältnismäßigen Eingriff in bürgerliche Freiheitsrechte und einen Angriff auf die Menschenwürde handelt. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Zweckbindung entfällt und so Daten völlig unverdächtiger Menschen einkassiert werden, was diese unter einen Generalverdacht stellt“, betont Ernst. Sie teilt die Bedenken vieler Datenschützer, die im Vorfeld der Entscheidung vor einer möglichen Erstellung kompletter Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile sowie Sicherheitslücken im System gewarnt hatten. Mit Blick auf die europäische Ebene erwartet sie sich eine Signalwirkung: Das Urteil gebe nicht nur Hoffnung zur verstärkten Berücksichtigung von Datenschutz und Rechtsschutz im für September geplanten EU-Kommissionsbericht über die Anwendung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Auch für die Aushandlung eines dauerhaften Abkommens zur Übermittlung europäischer Bankdaten an die USA (SWIFT-Abkommen) könne dies entscheidend sein. Dazu Ernst: „Bereits gestern hatte die EU-Justizkommissarin Vivianne Redding erklärt, sie werde sich dafür einsetzen, das „richtige Gleichgewicht“ zwischen Terrorismusbekämpfung und Achtung der Privatsphäre zu finden. Ich werde sie daran erinnern“.
Brüssel, 02. März 2010
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