Zustimmung des Europäischen Parlaments zur neuen Kommission ist eine „Wahlfarce“

Presseerklärung von Sabine Wils, MdEP und Sprecherin der Delegation der Partei DIE LINKE im Europaparlament

Die heute von der Mehrheit des Europäischen Parlaments gegebene Zustimmung zur neuen Kommission hat nach Ansicht der Europaabgeordneten der Linken, Sabine Wils, das “ bestehende Demokratiedefizit innerhalb der Europäischen Union erneut deutlich gemacht“.

Das auch nach Inkrafttreten des Lissabonvertrages lediglich notwendige „Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments ist nichts als eine Wahlfarce und soll verdecken, dass die Entscheidungen über Auswahl der Kommissare und deren Ressortverteilung längst vorher und von anderen getroffen worden waren.

Ein in Wirklichkeit machtloses Parlament durfte heute diesem Verfahren nur nachträglich einen demokratischen Anstrich geben.“ Dass es hier nicht um eine offene und demokratische Wahl ging, zeigt schon ein Blick in den EU-Vertrag. Nicht zufällig spricht er in Artikel 17 nur von einem „Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments“ und nicht von einer Wahl. Abweichend davon, und damit vertragswidrig, nennt hingegen die Geschäftsordnung des Parlaments dieses Verfahren in Artikel 99 eine „Wahl“.

Tatsächlich sind die Kommissare aber lange vorher jeweils von den einzelnen Mitgliedstaaten ausgewählt worden. Der Rat nahm anschließend die Liste dieser Ausgewählten an. Die Aufgabenverteilung unter ihnen wurde anschließend vom Kommissionspräsidenten festgelegt. Die so benannten und auf die Ressorts aufgeteilten Kandidaten wurden dann zwar von den zuständigen Ausschüssen des Parlaments angehört, doch diese Anhörungen blieben, bis auf eine, ohne Folgen. Lediglich die von Bulgarien benannte Kandidatin für die Kommission musste aufgrund persönlicher Gründe von der bulgarischen Regierung zurückgezogen werden. Tatsächlich hatte sich aber bei den Ausschussanhörungen herausgestellt, dass eine ganze Reihe von Kandidatinnen und Kandidaten die fachlichen Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der Kommission nicht erfüllen bzw. aus inhaltlichen Gründen glatt durchgefallen wären. Doch dies verhinderten in den Ausschüssen Konservative, Sozialdemokraten und Liberale. Jede dieser Fraktionen stützte auch die schwächsten Anwärter der jeweils anderen, nur um eigene Kandidaten nicht zu gefährden. Es galt das Prinzip: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Straßburg, 9. Februar 2010

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