Afghanistan-Konferenz: Chancen für einen Strategiewechsel wurden vertan!
„Wer tatsächlich einen Strategiewechsel will, braucht gegenüber den Ergebnissen der bisherigen Afghanistanstrategie, die nachweislich gescheitert ist, schonungslose Ehrlichkeit. Nur ein konsequenter Strategiewechsel, der den Vorrang auf zivile Unterstützung und den Wiederaufbau in Afghanistan lenkt, hat Erfolgschancen“, erklärt Cornelia Ernst (MdEP, DIE LINKE) zur internationalen Afghanistan-Konferenz in London.
Die Konferenz, bei der seit 2001 Vertreter der internationalen Gemeinschaft regelmäßig zusammenkommen, wollte sich ursprünglich über neue Strategien zur Befriedung und zum Wiederaufbau Afghanistans sowie zur Verantwortungsübergabe verständigen. „Weitere Truppenaufstockung als notwendige Voraussetzung für die Stärkung der Zivilkräfte – das ist alter Wein in neuen Schläuchen“, so Ernst. Statt einer konstruktiven Entwicklung von Plänen zur Armutsbekämpfung, für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie zur Korruptionsbekämpfung wird am alten Vorgehen festgehalten. Ernst dazu: „Ein solches Ergebnis wäre zu verhindern gewesen, wenn zur Entwicklung einer Strategie nicht nur Regierungen einbezogen worden wären, sondern auch Nichtregierungsorganisationen. Zur Londoner Konferenz wurden noch nicht einmal afghanische Parlamentarier zugelassen, ausgeladen waren auch im Europaparlament mit der Afghanistanproblematik befasste Parlamentarier.“
Die Konferenz ist daher das, was der afghanischen Bevölkerung am wenigsten nützt, eine Truppenstellerkonferenz, bilanziert Ernst. Sie ist überzeugt, dass „auch die zivilstrategischen Ansätze keinen Erfolg haben werden, wenn sie zunehmend militärisch flankiert werden. Soldaten, die die Ausbildung von Polizisten übernehmen machten eine Unterscheidung zwischen Kampf- und Ausbildungstruppen schier unmöglich“.
Ein neuer Ansatz dürfe laut Ernst nicht auf einen „Siegfrieden“ setzen, sondern müsse sich auf entwicklungspolitische Maßnahmen und einen innerafghanischen Dialog konzentrieren. Ein Aussteigerprogramm, welches Mitläufer aus ihrer finanziellen Abhängigkeit von den Taliban befreit, sei ein fehlgeleiteter Schnellschuss. „Erstens ist es schwer, den Kreis der Bezugsberechtigten eindeutig zu definieren. Häufig versickert das Geld einfach in korrupten Strukturen. Zweitens braucht es einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz, der sich nicht auf eine Kurierung von Verhaltensweisen einer schwer identifizierbaren Risikogruppe konzentriert. Und drittens mindert ein solches Programm nicht die Frustration über die zivilen Opfer der Militärstrategie.“
Brüssel, 28.01.2010
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