Rede von Lothar Bisky zur Plenardebatte am 25. November 2009:
Erklärungen des Rates und der Kommission – Vorbereitung des Europäischen Rates vom 10. und 11. Dezember 2009
„Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen,
Auch unsere Fraktion heißt die beiden Kandidaten in unserem Haus willkommen. Wir begrüßen, dass es eine Frau in die Reihen der oberen Abteilung geschafft hat.
Ich gehe davon aus, dass die beiden Kandidaten für die hohen Ämter sich nicht nur ihren inhaltlichen Aufgaben stellen, sondern einen kooperativen Stil gerade auch mit unserem Parlament pflegen werden.
Vom Rat erwarten wir, dass er sich stärker mit den sozialen Fragen der Krise befasst und die richtigen Schlussfolgerungen zieht.
Bisher ist es so, dass den Banken Milliarden zur Verfügung gestellt werden. Den ‚kleinen Leuten‘ aber wird kaum geholfen. Herr Schulz hat da völlig recht: Das Casino arbeitet wieder, gleichzeitig wachsen Armut, gerade auch Kinderarmut und Arbeitslosigkeit.
Der Krise sind in Europa 4 Millionen Arbeitsplätze zum Opfer gefallen.
Laut Berichten der Kommission kann sich diese Zahl im kommenden Jahr auf 7 Millionen erhöhen.
Wir wissen, dass solche Schätzungen oft noch unter den realen Zahlen liegen, in Deutschland beispielsweise sind allein 1.5 Millionen Menschen in Kurzarbeit.
Steigende Arbeitslosigkeit und Armut aber sind die Vorboten für immer größere Chancenungleichheit.
Das betrifft ganz stark die Bildungschancen.
Die Frage, die sich daraus ergibt: Finden die Staats- und Regierungschefs Wege aus der Krise, die den europäischen Integrationsgedanken mit sozialen Fortschritten verbinden, die für die Menschen auch konkret erlebbar sind?
Statt Ausstiegsstrategien aus den Konjunkturprogrammen und Zwang zur Haushaltskonsolidierung ist Politikwechsel nötig. Dazu drei Worte:
1) Wir erwarten vom Rat eine Positionierung zu den Plänen für die 2020 Strategie – jener Strategie, die die gescheiterte Lissabon-Strategie ersetzen soll. Innovation und Wissen, Kampf gegen Ausgrenzung, grüne Wirtschaftsstrategien, Digitales Europa: Als Schlagwortkatalog klingt das nicht schlecht. Aber konkrete Vorschläge zur Umsetzung müssen dringend folgen. Ein ‚weiter so unter schönerem Namen‘ wird in die nächste Krisenwelle führen.
2) Der Rat muss sich endlich auf strenge Kontrollsysteme für die Finanzmärkte einlassen. Wie er das mit dem vorhandenen Vertrag – der an dieser Stelle nichts am alten EG-Vertrag ändert – anstellen will, da bin ich noch neugierig: „Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern“ sind danach ja schwierig zu rechtfertigen.
3) Nicht zuletzt will ich noch einmal betonen: Vom Rat muss ein klares Signal nach Kopenhagen für ein verbindliches Klimaschutzabkommen ausgehen. Unverbindliche Selbstverpflichtungen haben noch nie zum gewünschten Ziel geführt.“