Grund- und Menschenrechte gelten für alle in Europa lebenden Menschen!

In Vorbereitung auf die Verabschiedung des neuen Fünfjahresprogramms für die Bereiche Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union („Stockholmer Programm“) lud die schwedische Ratpräsidentschaft zum parlamentarischen Treffen mit VertreterInnen nationaler Parlamente, des Europäischen Parlaments, des Rats und der Kommission. Dazu erklärt die Europaabgeordnete Cornelia Ernst (GUE/NGL):

Das Stockholmer Programm ist ein einseitig adressiertes und inhaltlich fehlgeleitetes Mehrjahresprogramm. Kommissar Jacques Barrot wird nicht müde, „den Aufbau eines Europas der Rechte“ zu proklamieren, gesteht diese Rechte im Programmentwurf jedoch ausschließlich Unionsbürgern zu. Grund- und Menschenrechte gelten aber für alle in Europa lebenden Menschen, ungeachtet ihrer Nationalität und ihres verwaltungsrechtlichen Migrationsstatus!
Zudem betont der Programmentwurf die Notwendigkeit einer intensivierten Zusammenarbeit von Polizei und Strafjustiz. Die Institutionalisierung der Innen- und Justizpolitik auf supranationaler Ebene durch den Vertrag von Lissabon und die damit einhergehende Ausweitung gemeinsam genutzter DNA- und Fingerabrucksdatenbanken ist jedoch mehr als bedenklich. Erstens erscheinen Überwachungsmaßnahmen und Repressionen als völlig überzogene Alternative zur Notwendigkeit und Möglichkeit präventiver Maßnahmen. Zweitens gehen der verbesserte Informationserwerb und -austausch über kriminelle und sicherheitstechnische Fragen zwischen den Mitgliedsstaaten ohne einen entsprechenden Ausbau von Schutz- und Verteidigungsrechte einher.
Der geplante Ausbau der Grenzschutzagentur FRONTEX und deren Zugang zu hochsensiblen, personenbezogenen Daten führt zu militärischen Grenzen und einer weiteren Abschottung Europas. Dieser selektive Krieg gegen Asylsuchende trifft besonders diejenigen, die aus Armut, vor Verfolgung oder Klimakatastrophen fliehen. Dem steht ein Konzept zur Schaffung dynamischer legaler Einwanderungskanäle für gut ausgebildete Fachkräfte entsprechend der EU-eigenen Arbeitsmarktbedürfnisse gegenüber. Das ist eine menschenverachtende Einwanderungspolitik im Dienste der Wettbewerbsfähigkeit!
Die von den federführenden Ausschüssen des Europäischen Parlaments initiierte Resolution zum Stockholmer Programm setzt mit Blick auf diese kritischen Punkte kein erkennbares Zeichen. Abgesehen von redaktionelle Änderungen und leeren Worthülsen, bleibt sie auf der Linie von Kommission und Rat.