Ergebnisse und Herausforderungen des EU-Gipfels am 29./30. Oktober 2009
Rede von Lothar Bisky, Vorsitzender der europäischen Linksfraktion GUE/NGL:
„Der Vertrag von Lissabon ist inzwischen von allen 27 Mitgliedstaaten ratifiziert.
Das mögen Viele als Erfolg feiern.
Meine Fraktion tut das nicht – die Gründe dafür habe ich hier schon mehrfach wiederholt.
Die Tatsache, dass die Grundrechtecharta für die Bürgerinnen und Bürger von drei Mitgliedstaaten nicht gelten wird, lässt mich leider am großen Fortschritt beim Grundrechteschutz in der EU zweifeln.
Ich ergänze dies ausdrücklich auch mit Rückblick auf den Anlass unserer heutigen feierlichen Sitzung und den Vortrag von Vaclav Havel.
Aber gerade weil die Linke in Europa eine soziale, friedliche und ökologisch nachhaltige europäische Integration will, werden wir die vertraglichen Grundlagen auch weiterhin in diesem Sinne nutzen.
Das haben wir bisher getan. Das tun wir auch weiterhin.
Dass dem Europäischen Parlament nun mehr Rechte zugedacht werden, kann ich in diesem Zusammenhang nur begrüßen.
Bei allem Freudentaumel: Auch die Staats- und Regierungschefs wären gut beraten gewesen, ihren vergangenen Gipfel für mehr konkrete Politik zu nutzen.
Die größte Herausforderung, vor der die Welt steht, ist der Klimawandel.
Auf dem Weg zur Weltklimakonferenz in Kopenhagen fällt die EU leider aus der Führungsrolle heraus, die sie für sich selbst bisher in Anspruch nahm.
Denn zum einen entsprechen die inhaltlichen Verpflichtungen zur Reduzierung der CO2-Emissionen nicht den Notwendigkeiten.
Darüber hinaus ist es nicht hinnehmbar, dass sich die EU-Mitgliedstaaten ganz offensichtlich vor ihren finanziellen Verantwortlichkeiten drücken wollen.
Und das in einer Situation, die keinen Aufschub dulden kann.
Es geht hier nicht darum, ob Schweden bald ein großes Weinanbaugebiet wird.
Es geht ganz konkret um das Überleben und übrigens auch den Frieden in unserer Welt:
Bereits heute schaffen Klimaveränderungen Armut und Hunger und zwingen Millionen Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat.
Sicher hat jeder in diesem Saal schon einmal von globalen Herausforderungen gesprochen, die nicht national zu bewältigen sind. Klimaschutz, Armutsbekämpfung und Frieden sind genau solche Herausforderungen. Wenn die EU hier nicht konsequent und vorbildlich handelt, wird sie Akzeptanz verlieren.“