Unterbrechung der WTO-Doha-Runde zum Umdenken nutzen
Helmuth Markov in der Plenardebatte vom 08. Okober 2008
Wenn man sieben Jahre lang verhandelt und zu keinem Ergebnis kommt, dann muss man sich einfach einmal selbstkritisch fragen, welche Fehler wir möglicherweise gemacht haben, vollkommen unabhängig davon, welche Fehler andere Länder oder andere Verhandlungspartner machen.
Ich glaube, da kann man eine Liste aufzählen – die muss zwar nicht von allen geteilt werden, aber vielleicht ist die Forderung nach Zollabbau und Marktöffnung für die Entwicklungsländer nicht das richtige Instrument, weil sie ihre Einnahmen für ihre Haushalte verlieren würden und kein Äquivalent haben, um das zu kompensieren. Dann kann eben in diesen Ländern keine Gesundheitsvorsorge, Bildung oder Infrastrukturentwicklung stattfinden.
Vielleicht ist für manche dieser Länder ein Freihandelsabkommen, in welche Richtung es auch geht, nicht das richtige Modell, und sie haben ein Interesse, ein Handelsabkommen zu schließen, aber eben auf der Basis von GSP+. Vielleicht ist es wirklich so, dass bei dem Entwicklungsstand viele Länder erst einmal ihre eigenständige Wirtschaft entwickeln müssen. Auch die Europäische Union oder die europäischen Länder haben unter geschlossenen Märkten ihre Wirtschaft entwickelt.
Wenn man zu keinem Ergebnis kommt, muss man analysieren, warum das so ist. Die Doha-Runde war ursprünglich den Millenniums-Entwicklungszielen verpflichtet. Ich habe Verständnis dafür, dass viele Länder sagen, sie haben das Gefühl, dass die derzeitigen Verhandlungen ausschließlich dazu dienen – und das sagt auch die „Global Europe“-Strategie –, dass global agierende Unternehmen noch globaler agieren können. Und das hat eben einen negativen Einfluss auf kleine regionale Produzenten. Es hat übrigens auch einen Einfluss auf europäische kleine lokale Produzenten.
Es liegt im Sinne und in der Notwendigkeit der Europäischen Union, dass wir vorankommen. Deswegen müssen wir vielleicht einen anderen, faireren Verhandlungsweg gehen. Ich hoffe, dass die neue Kommissarin diese Chance nützt. Sie kommt von außen, sie hat Verhandlungserfahrung. Sie ist vielleicht noch neu in der europäischen Handelspolitik, aber sie hat ein kundiges Team, und vielleicht nutzt sie die Chance im Rahmen des Mandats etwas anders als der vorhergehende Kommissar. Und wir haben eine Chance!