Handelspräferenzsysteme verbessern, Entwicklung fördern
Rede in der Plenardebatte zum Schema allgemeiner Zollpräferenzen 2009 bis 2011
Herr Präsident, Frau Kommissarin,
Entwicklungszusammenarbeit und Handel sind in der Regel die wichtigsten äußeren Kräfte, die zur Entwicklung eines Landes beitragen können. Nicht auf Gegenseitigkeit beruhende Zollpräferenzen für Entwicklungsländer sind ein wichtiges und international anerkanntes Instrument, das die EU seit vielen Jahren einsetzt.
Aktuell sind drei Arten von Regelungen in Kraft:
– die allgemeine Regelung gilt für alle begünstigten Länder
– das Anreizsystem APS+ bietet zusätzliche Vorteile für Länder, die bestimmte internationale Normen hinsichtlich der Menschenrechte, der Arbeitnehmerrechte, des Umweltschutzes, der Drogenbekämpfung und der verantwortungsvollen Staatsführung umsetzen.
– die Sonderregelung für die am wenigsten entwickelten Länder bietet diesen vom Prinzip zoll- und quotenfreien Zugang zum EG-Binnenmarkt für „Alles außer Waffen“ – wobei ich es fatal finde, dass es noch immer keine rechtsverbindliche Regelung gibt, die Waffenexporte aus der EU in diese Länder verbietet. Alle Handelspräferenzen nützen nichts, wenn gewaltsame Konflikte jede Grundlage für eine funktionierende Volkswirtschaft zerstören.
Im vorliegenden Bericht geht es um Verbesserungen des Kommissionsvorschlags für das APS-System im Zeitraum Januar 2009 bis Dezember 2011 in folgenden Punkten:
Punkt 1: Verbesserung der Anwendbarkeit und der Effektivität, dazu gehört auch, die Antrags- und Prüfungsfristen von Drei- auf Ein-Jahres-Perioden zu verkürzen
Punkt 2: Aufstellung von Vorschriften für einen Reformprozess, bei dem die Begünstigten adäquat einbezogen werden
Punkt 3: Kohärenz mit dem multilateralen Rahmen der WTO und dabei natürlich ganz besonders den Zielen der Doha-Entwicklungsrunde. Hierzu zähle ich neben notwendigen Folgeabschätzungen hinsichtlich der „Entwicklungstauglichkeit“ der handelspolitischen Instrumente der EU auch, dass die Reform der Ursprungsregeln der EU
o a) gleichzeitig mit dem neuen APS-Schema in Kraft tritt und
o b) vor allem, dass Vorschriften für die Anforderungen an die begünstigten Länder verbessert werden, damit meine ich zum Beispiel die Möglichkeit von Kumulierung innerhalb und zwischen Regionen (also dass ein Produkt, dass in einem regionalen, aber grenzüberschreitenden Produktionsprozess hergestellt wurde, nicht aufgrund unsinniger Herkunftslandregeln aus der APS-Begünstigung herausfällt)
Punkt 4: Sicherstellung der demokratischen, parlamentarischen Kontrolle der Umsetzung und ggf. Anpassung der geltenden Verordnung. Hier möchte ich anmerken, dass ich die Einbeziehung unseres Hauses durch die Kommission im Konsultationsverfahren zum jetzigen Zeitpunkt begrüße, dass das Parlament in Zukunft aber ganz regulär in diesen Fragen mitzuentscheiden haben wird. Daraus abgeleitet gehe ich davon aus, dass die Kommission diesmal unsere Änderungsvorschläge ernst nimmt, statt sie – wie beim Initiativbericht zur Reform vor zwei Jahren – weitgehend zu ignorieren.
Eine Anmerkung zum Anreizsystem APS+: Ich halte es für ausgesprochen wichtig – nicht nur in den Handelsbeziehungen – , bei der Bewertung der Menschenrechtslage und der ‚good governance‘ die verschiedenen Ländern nicht anhand unterschiedlicher Maßstäbe zu messen.
Gleichzeitig ist es völlig klar, dass eine vorschnelle Aussetzung von Handelspräferenzen für die Bevölkerung eines Entwicklungslandes und grade auch hinsichtlich der Menschenrechtslage dort verheerende Folgen haben kann.
Die Entscheidung darüber, wie gut oder schlecht die im Anhang an die geltende Verordnung aufgelisteten internationalen Abkommen tatsächlich umgesetzt werden und ob gegebenenfalls Präferenzen ausgesetzt werden, sollte daher einer extrem sorgfältigen Prüfung unterzogen werden.
Unterstützen möchte ich den hier eingereichten Änderungsantrag 37, der daran erinnert, dass alle Möglichkeiten zu prüfen sind, damit die „Länder, die nicht zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehören und kein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen unterzeichnen, in den Genuss eines neuen Rahmens für den Handel kommen können, der Handelspräferenzen bietet, die wenigstens denen des Abkommens von Cotonou entsprechen“.
Daran anknüpfend möchte ich mich bei allen Schattenberichterstattern und dem Entwicklungsausschuss für die Kooperation und Kompromissbereitschaft bedanken – unser Handelsausschuss hat den vorliegenden Bericht einstimmig unter Einbeziehung der Inhalte der Stellungnahme des DEVE annehmen können.
Ich denke, auch mit dem Rat und der Kommission ist weitestgehende Einigkeit hergestellt und so hoffe ich, die Verordnung kann wie geplant so rechtzeitig in Kraft treten, dass keine Lücken zwischen dem aktuellen und dem neuen Präferenzzeitraum entstehen.
…
Beitrag zum Abschluß der Debatte im Plenum:
Herr Präsident! Man konnte feststellen, dass es doch eine große Einigkeit in diesem Haus gab, dass das System APS+ ein sehr positives System darstellt. Dann hätte ich natürlich gern die Kommission bzw. Herrn Mandelson gefragt, der aber nicht da ist, wieso er dann unbedingt im Rahmen der Partnerschafts- und Assoziierungsabkommen, z.B. mit den Anden-Staaten, zwei Länder, die gerne APS behalten wollen, unbedingt dazu drängen will, Freihandelsabkommen abzuschließen. Ecuador und Bolivien wollen dieses APS+ behalten. Dann kann man sich doch darauf einlassen. Es bringt ihnen ja etwas.
Die zweite Frage ist, ob man nicht darüber nachdenken sollte, das System APS+ weiterzuentwickeln in ein APS++. Wir haben ganz neue Herausforderungen. Wir haben den Klimawandel, wir haben die steigenden Lebensmittelpreise. Vielleicht könnte man darüber nachdenken, dass man neue Paragraphen und neue Bewertungsmaßstäbe mit einführt. Ich bin sehr froh, Frau Kommissarin, dass Sie sich eindeutig zu Sri Lanka geäußert haben, weil das auch ein Anliegen meines Ausschusses war, und Kollegin Mann hat dies nochmals dezidiert ausgeführt.
Zum Schluss noch mein Dank an alle, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Es war eine gute Zusammenarbeit! Ich denke, dass wir einen kleinen Schritt weiter sind, und dass dieses System APS+ im Rahmen von Handelsabkommen der Europäischen Union ein sehr wertvolles und notwendiges System darstellt und dass man nicht immer nur auf Freihandelsabkommen abstellen muss.