Europäisches Justizielles Netz
Rede auf der Plenartagung des Europäischen Parlaments in Brüssel
Herr Präsident,
der Ausschuss hat meinen Bericht über das Europäische Justizielle Netz ein-stimmig angenommen. Es gab eine sehr konstruktive Zusammenarbeit, und dafür möchte ich mich bei allen bedanken – insbesondere bei Herrn Popa, bei Frau Gebhardt und bei Frau Weber, der Berichterstatterin für Eurojust.
Das Europäische Justizielle Netz, kurz EJN, besteht mittlerweile seit zehn Jahren. Es hat sich in der Praxis bewährt. Auch nach der Einführung von Eurojust im Jah-re 2002 hat es weiterhin Bedeutung. Denn es geht beim EJN nicht um die Koordi-nierung von Ermittlungsarbeit, sondern um die Vermittlung direkter Kontakte, um Hilfestellung bei Rechtshilfeverfahren und um Informationsvermittlung.
Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, MdEP, Berichterstatterin
Europäisches Justizielles Netz
(Initiative der Republik Slowenien, der Französischen Republik, der Tschechischen Republik, des Königreichs Schweden, des Königreichs Spanien, des Königreichs Belgien, der Republik Polen, der Italienischen Republik, des Großherzogtums Luxemburg, des Königreichs der Niederlande, der Slowakischen Republik, der Republik Estland, der Republik Österreich und der Portugiesischen Republik im Hinblick auf die Annahme eines Beschlusses des Rates über das Europäische Justizielle Netz)
(5620/2008 – C6-0074/2008 – 2008/0802CNS))
Rede auf der Plenartagung des Europäischen Parlaments in Brüssel am 01. September 2008
Herr Präsident,
der Ausschuss hat meinen Bericht über das Europäische Justizielle Netz einstimmig angenommen. Es gab eine sehr konstruktive Zusammenarbeit, und dafür möchte ich mich bei allen bedanken – insbesondere bei Herrn Popa, bei Frau Gebhardt und bei Frau Weber, der Berichterstatterin für Eurojust.
Das Europäische Justizielle Netz, kurz EJN, besteht mittlerweile seit zehn Jahren. Es hat sich in der Praxis bewährt. Auch nach der Einführung von Eurojust im Jahre 2002 hat es weiterhin Bedeutung. Denn es geht beim EJN nicht um die Koordinierung von Ermittlungsarbeit, sondern um die Vermittlung direkter Kontakte, um Hilfestellung bei Rechtshilfeverfahren und um Informationsvermittlung.
Es ist daher wichtig, die flexible, dezentrale Struktur des EJN unberührt zu lassen. Änderungen sollten nur dort vorgenommen werden, wo es nötig ist bzw. wo sich aus der Praxis der letzten Jahre selbst sinnvolle Veränderungen ergeben haben. Ein Beispiel dafür ist die Einrichtung nationaler Anlaufstellen, die innerhalb ihres Mitgliedstaats koordinierende Funktionen wahrnehmen und für den Kontakt mit dem Sekretariat des EJN zuständig sind.
Eine wichtige Neuerung ist die Einrichtung sicherer Telekommunikationsverbindungen. Zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten werden personenbezogene Daten ausgetauscht, beispielsweise solch sensible Daten wie Fingerabdrücke im Rahmen eines Europäischen Haftbefehls. Um Sicherheit gewährleisten zu können, bedarf es sicherer Telekommunikationswege, denn es kann nicht sein, dass solche Daten etwa per Fax übermittelt werden. Schon 1998, als das EJN geschaffen wurde, war ein sicheres Telekommunikationssystem vorgesehen, man konnte sich jedoch bislang nicht auf die Modalitäten einigen, offenbar auch aus Kostengründen.
Im Bericht wird vorgeschlagen, die sichere Telekommunikation zunächst nur für die Kontaktstellen einzurichten. Aber im Hinblick darauf, dass alle Kontakte zwischen den zuständigen Behörden möglichst direkt stattfinden sollen, sollte in einem zweiten Schritt auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, alle zuständigen Behörden, die für Rechtshilfe in ihren jeweiligen Mitgliedstaaten verantwortlich sind, in die sichere Telekommunikation einzubeziehen.
Wegen der Sensibilität der Daten enthält der Bericht einen Verweis auf die einschlägigen Datenschutzbestimmungen, wobei ich auch in diesem Zusammenhang noch einmal betonen möchte, wie wichtig ein starker Rahmenbeschluss zum Schutz personenbezogener Daten im Rahmen der 3. Säule ist. Dieser wäre anwendbar beim Austausch von Daten zwischen den jeweiligen Kontaktstellen der Mitgliedstaaten. Da ein solcher Rahmenbeschluss als lex generalis vom Rat leider immer noch nicht verabschiedet wurde, sollen grundlegende Datenschutzbestimmungen nun direkt in den Gesetzestext aufgenommen werden.
Die Funktionsfähigkeit des EJN hängt zum großen Teil von den Kontaktstellen ab. Daher wurden Leitlinien erarbeitet, wonach die Auswahl von Kontaktstellen anhand bestimmter Kriterien erfolgen sollte. Diejenigen, die als Kontaktstelle fungieren, sollten unbedingt gute Fremdsprachenkenntnisse in wenigstens einer anderen Sprache der Europäischen Union besitzen und sowohl Erfahrungen im Bereich der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen haben als auch Erfahrungen aus der Tätigkeit als Richter, Staatsanwalt oder sonstiger Justizbeamter. Es ist wichtig, dass diese Leitlinien von den Mitgliedstaaten beachtet werden. Natürlich müssen sie zugleich gewährleisten, dass die Kontaktstellen über ausreichend Ressourcen verfügen.
Um die Zusammenarbeit zwischen EJN und Eurojust zu verbessern und besser aufeinander abzustimmen, sollten jeweils auf Einladung Mitglieder von Eurojust an den Sitzungen des EJN teilnehmen können und umgekehrt. Im Eurojust-Beschluss wird geregelt, wann die justiziellen Behörden der Mitgliedstaaten, also damit auch die Kontaktstellen des EJN, Eurojust über Fälle zu informieren haben. Der vorliegende Beschluss ergänzt diese Pflicht dahingehend, dass sich sowohl das EJN als auch Eurojust gegenseitig über all jene Fälle in Kenntnis setzen, von denen sie der Meinung sind, dass die jeweils andere Einrichtung besser geeignet ist, um den konkreten Fall zu bearbeiten. Mit dieser flexiblen und bedarfsorientierten Regelung soll vermieden werden, dass die nationalen Behörden Eurojust zu extensiv benachrichtigen müssen und gleichzeitig Eurojust mit Informationen „überschwemmt“ wird, die es nicht verarbeiten kann.
Was schließlich die regelmäßige Berichterstattung über die Verwaltung und die Tätigkeit des Netzes angeht, so sollte diese vom EJN selbst durchgeführt werden, selbstverständlich nicht nur gegenüber Rat und Kommission, sondern auch gegenüber dem Parlament.
Herr Präsident,
mit dem vorliegenden Beschluss wird das EJN an die Entwicklungen der letzten Jahre angepasst und seine Beziehung zu Eurojust näher bestimmt. Auf diese Weise wird das EJN in der Lage sein, die Aufgabenstellungen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen zu meistern, auch und insbesondere für den Fall, dass der Lissabonner Vertrag doch noch in Kraft treten kann, wodurch der Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen ‚vergemeinschaftet‘ würde.