Global Europe? Mit einem fairen Welthandelssystem hat das nichts gemein!
Helmuth Markov in der Plenardebatte zum Bericht Caspary: Europa im Zeitalter der Globalisierung – externe Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
ebenso wie Sie beginne auch ich meine Redebeiträge zu Berichten gerne mit dem Satz: Ich möchte dem Berichterstatter für seinen Vorschlag herzlich danken
Leider fällt mir dies zum vorliegenden Text recht schwer. Denn der Bericht meines Ausschusskollegen Herrn Caspary ist im Wesentlichen die Wiederholung dessen, was auch die ‚Global Europe‘-Strategie der Kommission ausdrückt. Und diese Lissabon-Strategie für die EU-Außenhandelspolitik kann ich nun einmal nicht teilen. Genauso wenig die ihr folgende im April veröffentlichte Marktzugangsstrategie und die Politik der neuen Freihandelsabkommen, die sich ebenso ‚harmonisch‘ einreiht.
Strategie und Umsetzung zielen vordringlich auf verbesserte Marktzugangsmöglichkeiten europäischer Unternehmen in Drittländern. Erreicht werden soll das durch die Abschaffung möglichst aller Handelsschranken: Nicht nur Zölle, sondern auch verbraucher-, umwelt-, sozial- und entwicklungspolitische Maßnahmen sollen – ganz im Sinne der Freihandelslogik – dem Primat der Wettbewerbsfähigkeit untergeordnet werden. Und am liebsten möchte man, dass dies natürlich nur für die eigenen Unternehmen gilt. Denn gleichzeitig sollen die handelspolitischen Schutzinstrumente der EU konsequenter angewendet, der Schutz geistigen Eigentums – Stichwort Patente – ausgeweitet werden.
Weil es ganz offensichtlich innerhalb der WTO kaum zum multilateralen Einverständnis über eine solche einseitige Bevorteilung vor allem größerer europäischer Unternehmen kommen wird, streben Kommission und Rat nun immer deutlicher die Durchsetzung europäischer Wirtschaftsinteressen über bilaterale und regionale Abkommen an, die weit über das hinausgehen, was überhaupt in der Doha-Runde zur Debatte steht. In das Ziel der Handelsliberalisierung sind hier auch die Deregulierung von Investitionen, des öffentlichen Auftragswesens und der Wettbewerbspolitik eingeschlossen.
Einem Bericht, der solche Politik, die nichts, aber auch gar nichts mehr mit der Schaffung eines fairen multilateralen Handelssystems zu tun hat, kann ich, kann meine Fraktion leider nicht zustimmen.
Einen wichtigen und richtigen Punkt in Herrn Casparys Bericht möchte ich aber dennoch hervorheben: Es kann nicht hingenommen werden, dass fast alle wichtigen handelspolitischen Entscheidungen auf europäischer Ebene ohne die Mitbestimmung des Europäischen Parlaments getroffen werden (können) – es zum Teil nicht einmal über die Inhalte von zu verhandelnden Abkommen informiert wird. Wir sprechen im Verlaufe dieses Vormittags noch über einen Bericht über die geplanten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den AKP-Staaten – nicht einmal dem Handelsausschuss liegen die betreffenden Textentwürfe vor. Es gibt sicher viele Gründe, warum viele Bürger der EU immer skeptischer gegenüberstehen – diese Geheimdiplomatie gehört ganz sicher dazu.