Polizeistaat Deutschland, Kolumne in: Schwäbisches Tagblatt, 15.06.2007 Polizeistaat Deutschland
Bundeskanzlerin Angela Merkel traf sich in Heiligendamm mit den Staats- oder Regierungschefs der anderen größten Industriestaaten und Russland zum so genannten G 8 Gipfel. Die offiziellen Resultate des G 8 Gipfels sind äußerst mager: Am meisten Schlagzeilen machte die völlig unverbindliche Erklärung zum Klimaschutz. Gemeinsam mit zehntausenden aus Deutschland, aus vielen anderen EU-Ländern und von überall auf der Welt nahm ich an den sehr erfolgreichen Demonstrationen, Blockaden, Versammlungen in Rostock, Bad Doberan und rund um Heiligendamm genauso teil wie am Alternativgipfel. Alles hätte ruhig ablaufen können, hätten nicht Teile der Polizei ständig eskaliert. Hinweise verdichten sich, dass bei der großen, bunten Demonstration mit mindestens 80.000 Teilnehmer/innen am Samstag 2. Juni die Ausschreitungen auch durch Provokationen aus Reihen der Polizei entstanden. Leider haben sich aus der Demonstration heraus dann Menschen an der Eskalation beteiligt, auch an den unverantwortlichen Steinwürfen. Viele Demonstrationsteilnehmer/innen versuchten deeskalierend tätig zu sein. Auf die Frage in einem Interview: „Trotzdem bleibt aber unverständlich, dass die Polizei nicht eingriff, als vor den Augen der Beamten mit Spitzhacken Steine aus dem Pflaster gelöst wurden.“ erklärte der Pressesprecher der Polizei Falkenberg: „Auch das war Teil der Strategie. Der normale Bürger wundert sich, aber er hat eben nie eine strategische Ausbildung bei der Polizei genossen.“ Die Polizei und wohl auch andere staatliche Dienste arbeiteten mit verdeckt tätigen Beamten. Offensichtlich wurden von diesen auch andere Demonstrationsteilnehmer zu Gewalttaten angestiftet.
Genehmigte Demonstrationen wurden von der Polizei vor Ort unter fadenscheinigen Begründungen eingeschränkt oder verunmöglicht. Obwohl verantwortliche Polizeiführer vor Ort klar sagten, dass das nicht der Fall war wurde behauptet, es befänden sich Gewalttäter in Demonstrationen. Polizeieinheiten sind mit Wasserwerfern und prügelnd in friedliche Demonstrationen gegangen und haben mehrere Menschen zum Teil erheblich verletzt. Immer wieder wurden Menschen willkürlich festgenommen (auch Journalisten und Ärzte), es wurden Platzverweise erteilt. Menschen wurden über Stunden und Tage in extra angelegten Gefangenenkäfigen bei Dauerbeleuchtung festgehalten. Rechtsanwälte vor Ort baten mich um Besichtigung dieser Gefangenenkäfige, doch die Polizei verwehrte mir dies. Rechtsanwälte arbeiteten unter Bedingungen, in denen normale rechtsstaatliche Abläufe außer Kraft gesetzt waren, die Justiz wurde zum Anhängsel der Polizei. Der Gipfel bei diesem Gipfel war der Einsatz der Bundeswehr im Innern mit Spähpanzern und Aufklärungstornados: Absolut verfassungswidrig. Die behauptete Deeskalationsstrategie der Polizei gab es nie, sie ist eine glatte Lüge. Was wir erleben konnten in und um Rostock war ein Polizeistaat. So geht das weiter, lassen wir Wolfgang Schäuble weiterhin freien Lauf. Wir müssen nun gemeinsam dafür kämpfen, dass diese Republik nicht insgesamt zu einem Polizeistaat wird. Leider haben sich alle Aussagen meiner Rede vom 2. Juni bestätigt. Unsere Antwort auf diese polizeistaatlichen Verhältnisse haben wir gegeben: Das waren die erfolgreichen und friedlichen Blockaden am Mittwoch und Donnerstag.
Detaillierte Belege für die oben getroffenen Aussagen finden sich auf der Dokumentationsseite „G 8 – Polizeistaat“ auf meiner Homepage www.tobias-pflueger.de