Die Kurdenfrage ist nicht mit einem Einmarsch in den Nordirak lösbar

Redebeitrag der Europaabgeordneten Feleknas Uca zur Plenardebatte über die Türkeiresolution des Europäischen Parlaments.

„Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Frau Oomen-Ruijten,

Leider wird die heutige Abstimmung über die Türkeiresolution des Parlaments von traurigen und besorgniserregenden Entwicklungen überschattet. Letzten Mittwoch hat die türkische Nationalversammlung mit überwältigender Mehrheit einem türkischen Militäreinsatz im Nordirak grünes Licht erteilt. Seitdem erreichen uns traurige Nachrichten über Tote und Gefallene an der türkischen-irakischen Grenze, über blutige Kämpfe und Gefechte, über den türkischen Beschuss Nordirakischer Dörfer, über Anschläge auf kurdische Einrichtungen und DTP Parteibüros, über Lynchversuche aufgebrachter Nationalisten gegen ihre kurdischen Mitbürger.

Dabei waren die Signale, die nach der Beilegung der Staatskrise Ende August von der Türkei ausgingen so Erfolg versprechend. Von einer neuen zivilen Verfassung war die Rede, von weiteren Reformen und verstärkten Reformbemühungen, die noch ungelösten Fragen in Angriff zu nehmen. Diesen positiven Signalen und Entwicklungen in der Türkei wollten sie, Frau Oomen-Ruijten, und ein Großteil meiner Kolleginnen und Kollegen nach dem letztjährigen Stillstand in den Reformbemühungen der Türkei Rechnung tragen. Der Resolutionsentwurf ist ausgewogen und fair in seiner Bewertung und Beurteilung.

Doch angesichts der unverhohlenen Drohung der Türkei militärisch in den Irak einzumarschieren und damit die territoriale Integrität des Iraks zu verletzen, frage ich mich schon, welches Ziel die Türkei hiermit wirklich verfolgt? Geht es wirklich um die PKK?
Denn in den vergangenen Jahren hat das türkische Militär bereits 24 grenzüberschreitende Operationen durchgeführt und keine hat dauerhaften Erfolg gebracht. Warum sollte es gerade dieses Mal anders sein? Oder geht es vielleicht um die Ölvorkommen in der Region um Kirkuk und die Absicht der Türkei, den autonomen Status der Kurden im Nordirak zu zerstören? Fest steht auf jeden Fall, dass die Lösung der Kurdenfrage mit einem Einmarsch in den Nordirak nicht gelöst werden kann. Fest steht für mich aber auch, dass die Türkei vor den Augen der Europäischen Union und der internationalen Gemeinschaft nicht gegen internationales Recht verstoßen und die Souveränität des Iraks verletzten kann. Europa muss jetzt Verantwortung übernehmen und sich aktiv an der Entwicklung einer Lösungsstrategie der Kurdenfrage beteiligen. Denn in dieser Frage liegt der Schlüssel für die eigentliche Befriedung und Demokratisierung der Türkei.
Ich bitte Sie, dieses in der anschließenden Abstimmung zu berücksichtigen.“