Das Bestechen muss strafbar werden!
Rede während der Strasbourger Plenarsitzung des Europäischen Parlaments vom 06. April 2006 zum Bericht Van den Berg über die Wirksamkeit der Hilfe und die Korruption in den Entwicklungsländern.
Herr Präsident,
Ich möchte Max Van den Berg zunächst zu seinem Bericht gratulieren, mit dem er mutig eines der heißesten Eisen in der internationalen Entwicklungskooperation anpackt.
Die Schätzung der Afrikanischen Union, nach der die afrikanischen Volkswirtschaften durch Korruption jährlich etwa 150 Milliarden Dollar verlieren – ein Viertel ihres BIP – macht den Handlungszwang deutlich.
Bedauerlich finde ich jedoch, dass Sie in ihrem Bericht den Handlungszwang vorwiegend dort benennen, wo er der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten weniger weh tut: nämlich auf der Seite der Entwicklungsländer.
Eine Milliarde Bestechungsgelder werden jährlich gezahlt. Von wem? Wer betrachtet die Zahlung dieser Gelder als Investition, die in der berechtigten Erwartung noch größerer Gewinne auf geschützte Konten überwiesen werden?
So wichtig es ist, unsere Partner zur Bekämpfung der Korruption aufzufordern und sie dabei zu unterstützen: unsere primäre Aufgabe sollte es sein, diejenigen aus dem Verkehr zu ziehen, die aus unseren Ländern heraus überhaupt diese gewaltigen Bestechungssummen aufbringen können und sie nutzen, um den afrikanischen Kontinent und andere Teile der Welt auszunehmen.
Wie in Artikel 15 der UN-Konvention gegen Korruption gefordert, müssen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Bestechen strafbar machen! In meinem Land – in Deutschland – konnte man das Bestechungsgeld bis vor wenigen Jahren sogar von der Steuer absetzen. Strafbar ist es heute noch immer nicht.
Als das Parlament der Europäischen Union sollten wir diesen übel riechenden Mist vor unserer eigenen Tür als erstes wegkehren. Ich unterstütze mit Ihnen und dem ganzen Entwicklungsausschuss ausdrücklich die Kampagne „Publish What You Pay“ und fordere sogar zwingende Regelungen für multinationale Unternehmen, Informationen über Zahlungen an Regierungen offen zu legen.
Weitere Profiteure der Bestechung, denen wir in unserem direkten Einflussbereich das Handwerk legen müssen, sind Banken, die sich für die Abwicklung solcher Geschäfte hergeben und sich über prall gefüllte Bestechungskonten freuen. Dies kann innerhalb der Union nicht zugelassen werden. Fordern wir die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, einen Pranger für diese Geldhäuser zu bauen und die Schlupflöcher des Bestechungsgeldes auch außerhalb der Union zu schließen.
Wenn wir bei uns das Bestechen strafbar gemacht haben, wenn wir unseren Lebensstandard nicht länger durch Korruptionsgewinne Teilfinanzieren, wenn wir unsere korruptionsverwaltenden Bankhäuser nicht länger für ihre so gewonnene Bonität loben und wenn wir unseren Ermittlern die Mittel in die Hand geben, die Bestecher zu jagen – dann können wir aufrecht vor unsere Partner treten und den gleichen Beitrag zur Bekämpfung der Korruption einfordern.