Probleme der Doha-Runde deutlich benennen

Redebeitrag von Helmuth Markov in der Plenardebatte des Europaparlaments in Strasbourg zum Bericht über die Ergebnisse der WTO-Verhandlungen in Hong Kong

Ich danke meinem Kollegen Papastamkos für seinen Bericht. Dies ist die erste umfassende Stellungnahme des Parlaments zu den Ergebnissen der WTO-Verhandlungen in Hongkong. Dieser Bericht, so wie er uns hier inklusive der Änderungsvorschläge aus anderen Ausschüssen vorliegt, zeigt deutlich, dass es sehr unterschiedliche Kritiken, Interessen und Schwerpunktsetzungen gibt, die kaum auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können.

Aus meiner Sicht sind die folgenden Punkte nicht oder nicht ausreichend deutlich dargestellt.

Landwirtschaft
Klar ist, dass die GAP unter Beibehaltung ihres multifunktionalen Charakters reformiert werden muss. Was auch beinhaltet, dass es weiterhin Unterstützung für Bauern in der EU geben soll. Aber es muss darauf geachtet werden, dass Fördergelder für sozial und ökologisch nachhaltige regionale Entwicklung der Landwirtschaft eingesetzt und nicht die Agrar-Großindustrie und die Banken bevorteilt werden. Das Angebot der EU, ihre Ausfuhrerstattungen im Rahmen der GAP-Reformen bis 2013 abzuschaffen, finde ich übrigens nicht sonderlich großzügig. Ebenso wenig die vorsichtige Senkung der internen Stützung.

Schweizer Zollformel NAMA
Eine einzige, einheitliche Formel für Zollsenkungen im Bereich der NAMA halte ich generell für schwierig. Allen Staaten, besonders Entwicklungsländern, muss das Recht auf eigene Industrialisierung im selbstbestimmten Tempo zugestanden werden. Was auch beinhaltet, schwache Industrien schützen zu können. Darüber hinaus warne ich ausdrücklich vor den negativen volkswirtschaftlichen Folgen, die das plötzliche Wegbrechen von Zolleinnahmen für diese Länder haben kann, da eben Zölle häufig eine entscheidende Einkommensquelle für deren Staatshaushalte sind. Die Industriestaaten müssen ihren Marköffnungsdruck auf Entwicklungsländer einstellen.

Dienstleistungen
Dasselbe gilt in noch größerem Maße für Dienstleistungen. In der vergangenen Woche hat selbst der Generaldirektor der Welthandelsorganisation, Pascal Lamy, erneut bestätigt, dass es allen Staaten – den GATS-Regeln entsprechend – frei steht, ihre Dienstleistungsmärkte zu liberalisieren oder nicht, bzw. wann und wie weit sie das tun wollen. Auch Annex C der Ministererklärung kann und darf daran nicht rütteln. – Schon gar nicht im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Bildung, Kultur, Gesundheit, Infrastruktur, Energie, Wasserversorgung …
Dass der ursprünglich vereinbarte bottom-up-Ansatz bei den Verhandlungen im Dienstleistungssektor nicht weiter verfolgt wird, betrachte ich mit ebenso großer Sorge wie das Beharren der EU-Kommission auf das Benchmarking-System.

Zollpräferenzen
Richtig ist, dass der Bericht das Problem der erodierenden Zollpräferenzen und der fallenden Rohstoffpreise anspricht. In diesem und im Zusammenhang mit dem Auslaufen der AKP-EU Vereinbarungen sollte das Parlament zusätzlich auf eine stärkere Betonung der Entwicklungsziele im Rahmen der Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen drängen. Immerhin gehört ein Drittel der AKP-Staaten zu den 50 am wenigsten entwickelten Ländern,

TRIPS
Ebenso wie der Berichterstatter begrüße ich die Einigung über die Änderung des TRIPS hinsichtlich besseren Zugangs der Entwicklungsländer zu Arzneimitteln, halte sie aber nicht für ausreichend. Betreffend die verpflichtende Lizenzierung wären weitere Änderungen nötig, um den Zugang zu Medikamenten für alle Menschen sicherzustellen, die solche benötigen. Im Rahmen des TRIPS muss außerdem der Transfer von Technologie für Entwicklungsländer erleichtert werden.

Demokratie
Was die demokratische Dimension angeht, halte ich nicht nur die stärkere Konsultation der Interparlamentarischen Union, sondern auch des Europäischen, der nationalen und regionalen Parlamente und der Öffentlichkeit für ausgesprochen notwendig.