Stammzellenimportgesetz: Gegenwärtige Regelung sollte beibehalten werden

In einem Brief haben sich am Mittwoch in Straßburg 51 deutsche Abgeordnete aller Fraktionen, darunter auch die sieben Delegationsmitglieder der Linkspartei.PDS, zur gegenwärtigen Diskussion über eine mögliche Änderung des Stammzellimportgesetzes in Deutschland geäußert. Ihrer Ansicht nach sollte die gegenwärtige Regelung beibehalten werden. In diesem Schreiben heißt es:

Liberalisierung erbrachte keine konkreten Beweise für therapeutische Fortschritte

STRASSBURG. In einem Brief haben sich am Mittwoch in Straßburg 51 deutsche Abgeordnete aller Fraktionen, darunter auch die sieben Delegationsmitglieder der Linkspartei.PDS, zur gegenwärtigen Diskussion über eine mögliche Änderung des Stammzellimportgesetzes in Deutschland geäußert. Ihrer Ansicht nach sollte die gegenwärtige Regelung beibehalten werden. In diesem Schreiben heißt es:

„Wir sind sicher, dass der Deutsche Bundestag seine Entscheidung in dieser Frage nach reiflicher Überlegung und Abwägung aller Argumente fällt, und wir möchten bekräftigen, dass diese Frage auch nach unserem Verständnis souverän vom nationalen Parlament entschieden werden muss. Die Europäische Union sollte in diesem Bereich keine gesetzlichen Vorgaben machen. Trotzdem möchten wir unsere Auffassung zum Ausdruck bringen, da die internationale Debatte oft einseitig als Argument für eine Lockerung des Stammzellimportgesetzes und des Embryonenschutzgesetzes zitiert wird.

Wir sind davon überzeugt, dass auch aus europäischer Sicht sehr viel dafür spricht, die gegenwärtige Regelung beizubehalten. Es ist nicht richtig, wenn behauptet wird, dass die europäischen Institutionen sich generell für eine unbegrenzte Forschung mit embryonalen Stammzellen aussprechen. Es ist auch nicht richtig, wenn gesagt wird, dass Deutschland in der EU mit seiner am Embryonenschutz orientierten Position alleine ist. Das Europäische Parlament hat sich mehrfach gegen verbrauchende Embryonenforschung ausgesprochen, unter anderem in zwei Resolutionen aus dem Jahr 2005. Leider ist es uns nicht gelungen, einen Antrag, der eine feststehende Stichtagsregelung für das 7. Forschungsrahmenprogramm vorsah, im Plenum des Europäischen Parlaments durchzusetzen. Allerdings muss auch betont werden, dass die erforderliche Mehrheit nur um 19 Stimmen verfehlt wurde und dass bei denjenigen, die sich der Stichtagslösung nicht anschließen wollten, auch eine Reihe von Abgeordneten waren, die sich aus grundsätzlichen Erwägungen jeglichen Kompromissen in dieser Frage verweigerten und ausschließlich für eine härtere Regelung plädierten. Der Stichtagskompromiss ging also einigen nicht weit genug und anderen zu weit, trotzdem war er sehr nah an der Mehrheitsfähigkeit. Viele Staaten in der Europäischen Union orientieren sich in ihrer nationalen Gesetzgebung am deutschen Embryonenschutzgesetz. Die verbrauchende Embryonenforschung ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in neun anderen EU-Ländern unzulässig. Gewiss ist die Lösung, die das Europäische Parlament und der Ministerrat in diesem ethischen Bereich gefunden haben, aus Sicht der deutschen Rechtslage nicht zufriedenstellend. Wir hätten uns eine strengere Regelung bei der Vergabe europäischer Forschungsmittel gewünscht, allerdings haben diejenigen Unrecht, die behaupten, dadurch sei eine neue Lage entstanden. Seit Beginn des Jahres 2004 fördert die Europäische Kommission Forschungen mit embryonalen Stammzellen, ohne dass die gültige deutsche Stichtagsregelung respektiert wird. Schon seit einigen Jahren wird also europäisch etwas gefördert, das dem deutschen Gesetz nicht entspricht. Diejenigen, die meinen, man hätte aus diesen Gründen das Stammzellimportgesetz ändern müssen, hätten sich drei Jahre früher melden müssen. Auch die sachlichen Argumente, die gegen das jetzt gültige deutsche Stammzellimportgesetz vorgetragen werden, sind nicht so überzeugend, dass die ethischen Erwägungen für das Gesetz irrelevant werden. Schon vor der Verabschiedung des deutschen Gesetzes wurde das Argument, dass die bestehenden Stammzelllinien weniger gut geeignet seien als eventuell neue Stammzelllinien, immer wieder vorgetragen. Bisher ist die embryonale Stammzellforschung allerdings auch in Ländern mit sehr liberaler Regelung wie Großbritannien, China oder Südkorea den Beweis schuldig geblieben, dass es konkrete therapeutische Fortschritte gibt. Dahingegen werden schon heute mithilfe von adulten Stammzellen sehr viele Patienten behandelt, zum Teil sehr erfolgreich.

Wir möchten Sie daher bitten, die vorliegenden Argumente in der anstehenden Diskussion in Deutschland und insbesondere im Deutschen Bundestag zu würdigen und sich gegen eine Aufweichung des deutschen Stammzellimportgesetzes auszusprechen.“

Den Brief haben folgende Europaabgeordnete unterzeichnet:

Angelika Beer; Rolf Berend; Reimer Böge; Hiltrud Breyer; André Brie, Elmar Brok; Daniel Caspary; Albert Deß; Karl-Heinz Florenz; Ingo Friedrich; Michael Gahler; Evelyne Gebhardt; Prof. Alfred Gomolka; Rebecca Harms; Ruth Hieronymi; Elisabeth Jeggle; Gisela Kallenbach; Sylvia-Yvonne Kaufmann; Ewa Klamt; Christa Klaß; Dieter-Lebrecht Koch; Helmut Kuhne; Wolfgang Kreissl-Dörfler; Werner Langen; Kurt Lechner; Peter Liese; Thomas Mann; Helmuth Markov; Prof. Hans-Peter Mayer; Hartmut Nassauer; Angelika Niebler; Cem Özdemir; Doris Pack; Tobias Pflüger; Willy Pieczyk; Markus Pieper; Prof. Horst Posdorf; Bernd Posselt; Mechthild Rothe; Heide Rühle; Horst Schnellhardt; Andreas Schwab; Renate Sommer; Gabriele Stauner; Feleknas Uca; Thomas Ulmer; Sahra Wagenknecht; Manfred Weber; Anja Weisgerber; Karl von Wogau; Gabriele Zimmer