Rede von Gabriele ZIMMER zur Finanzierung der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern

Das EP hat sich am Dienstag mit zwei Finanzierungsinstrumenten für die wirtschaftliche Zusammenarbeit auseinandergesetzt: einem für die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern (Bericht Gay Mitchell) und einem für die Zusammenarbeit mit den Industrieländern (Bericht David Martin). Ursprünglich sollte es ein einziges Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit und die wirtschaftliche Entwicklung (DCECI) geben. Die Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS, Gabriele ZIMMER, sagte in ihrer Rede am Dienstag im Straßburger Plenum:

(ACHTUNG: Nachfolgende Rede können Sie sich auch über unseren PODCAST anhören)

Das EP hat sich am Dienstag mit zwei Finanzierungsinstrumenten für die wirtschaftliche Zusammenarbeit auseinandergesetzt: einem für die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern (Bericht Gay Mitchell) und einem für die Zusammenarbeit mit den Industrieländern (Bericht David Martin). Ursprünglich sollte es ein einziges Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit und die wirtschaftliche Entwicklung (DCECI) geben. Die Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS, Gabriele ZIMMER, sagte in ihrer Rede am Dienstag im Straßburger Plenum:

„Parlament, Rat und Kommission haben lange Zeit um das künftige Instrument zur Entwicklungsfinanzierung gerungen. Am Ende wurde tatsächlich ein weitgehend tragfähiger Kompromiss gefunden. Das neue Instrument soll uns beim Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele weiterhelfen. Damit kann ein sehr wichtiges Ziel, das wir hier im Europäischen Parlament und auch im Ausschuss immer wieder vertreten haben, tatsächlich weitergebracht werden. Das halte ich angesichts der kürzlich von der UNO veröffentlichten Einschätzung über die bisherige Wirksamkeit, vor allem im Kampf gegen die Armut, für ein sehr wichtiges Zeichen der Europäischen Union.

Es zeigt sich, dass sich das Engagement des Berichterstatters, des Kollegen Mitchell, und auch des gesamten Entwicklungsausschusses zur Veränderung der ursprünglich vorgelegten Verordnung sehr wohl gelohnt hat. Mit Änderungsanträgen haben sich demzufolge auch im Sinne des Kompromisses alle Fraktionen zurückgehalten, nur der Berichterstatter nicht. Leider muss ich hier am Berichterstatter heftig Kritik üben. Herr Mitchell, Sie unterstützen nicht nur Bemühungen um den Wortlaut des erzielten Kompromissantrages, wie Sie es angekündigt haben, sondern Sie stellen gleich selbst die entsprechenden Anträge. Ihre Änderungsanträge sind für mich gleich in mehrfacher Hinsicht sehr schwierig und empörend: Sie fordern nichts Geringeres als die Streichung der Reproduktionsgesundheit von Frauen als Ziel der Entwicklungszusammenarbeit. Mit Ihren Anträgen zur Streichung der Erwägung 18 und von Passagen der Artikel 5 und 12 streichen Sie nicht nur die Ihnen unliebsamen Formulierungen, wie Sie es angekündigt haben, sondern Sie streichen damit gleichzeitig auch weitere Ziele: das Recht auf eine risikofreie Mutterschaft und auf einen allgemeinen Zugang zu umfassender, sicherer und zuverlässiger Fürsorge und Dienstleistung im Bereich der reproduktiven sexuellen Gesundheit, die Verringerung der Kindersterblichkeit sowie die Bekämpfung armutsbedingter Krankheiten, insbesondere HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria. Damit setzen Sie sich nicht nur über den gefundenen Kompromiss hinweg. Sie ignorieren damit auch die Weltmeinung, wie sie auf den UN-Konferenzen zur Bevölkerungsentwicklung in Kairo und auch zur Situation von Frauen in Beijing formuliert wurde, und damit auch die Definition der WHO. Das halte ich für einen Skandal, und meiner Meinung nach wäre es eine absolute Blamage, wenn das Parlament morgen Ihren Änderungsanträgen folgen sollte. Meine Fraktion wird sie aus tiefster Überzeugung ablehnen.

Die Zusammenfassung der bisher sehr wirren Förderungsmöglichkeiten der EU in einem einzigen Instrument halte ich für sehr sinnvoll. Das Ergebnis darf jedoch nicht sein, dass wichtige Themen einfach wegfallen. Da Sie nun von Ihrer Seite den Kompromiss in Frage stellen, kann ich Ihnen bereits ankündigen, dass meine Fraktion künftig insbesondere einen Aspekt des neuen Finanzierungsinstruments immer wieder hinterfragen wird: die Finanzierung der Abwehr illegaler Migration und verstärkter Grenzkontrollen aus Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit.

Was unter Artikel 16 Ziffer 2 Buchstabe c in diesen Kompromiss hineingemogelt wurde, pervertiert nahezu den gesamten positiven Ansatz der thematischen Linie der Migrations- und Asylpolitik, wie er in den anderen Passagen von Artikel 16 formuliert ist.

Meine Fraktion wird dabei sicherlich einen besonders positiven Aspekt des neuen Instruments nutzen, nämlich die verbesserte Mitwirkungsmöglichkeit des Parlaments gegenüber Rat und Kommission. Auf Drängen von Rat und Kommission wird der Entwicklungsfinanzierung künftig ein bedeutender Aspekt hinzugefügt, nämlich der Handel. Auch wenn bereits der Einleitungstext des neuen Instruments die Bedeutung von Handelskapazitäten der Entwicklungsländer hervorhebt, werden wir doch genau darauf achten, nicht wieder in eine neue Dekade der verdeckten Außenwirtschaftsforderung zu kommen. Wenn Sie dabei den Ländern des Südens nur helfen wollen, die in Europa benötigten Rohstoffe störungsfrei an Europa zu verkaufen, werden wir das hinterfragen und auch kritisieren. Nicht der Ausverkauf der Rohstoffe, sondern der faire Handel mit verarbeiteten Gütern bietet den Gesellschaften des Südens eine Chance zur Überwindung der Armut. Der Präsident der Europäischen Investitionsbank, Philippe Maystadt, warnte vor zwei Wochen in der Financial Times, dass im Wettbewerb mit chinesischen oder russischen Unternehmen um die Rohstoffe in Afrika die politischen Bedingungen, die Europa an Finanzierungen stellt, zu hoch seien. Wohin führt dieses Argument? Dulden wir dann nicht auch wieder Sklavenarbeit, nur um den Kampf um die Rohstoffe nicht zu verlieren? Ich finde es sehr bemerkenswert und begrüße es außerordentlich, dass im jetzigen Finanzierungsinstrument und in unserem Kompromiss festgeschrieben ist, dass Kriterien wie „decent work“, zu denen sich auch das Europäische Parlament in Kürze mit einem Bericht äußern wird, eingehalten werden müssen. Ich glaube, dass dies auch ein sehr wichtiges Zeichen in Bezug auf Forderungen ist, die Europäische Union solle künftig nicht mehr so hohe politische Ansprüche stellen, um die Armut zu bekämpfen und die Entwicklung voranzutreiben, denn dies halte ich für einen falschen Weg.

Nutzen wir stattdessen das neue Instrument und die Erkenntnisse bezüglich der Bedeutung von Kohärenz und der Politik, um bessere Angebote zu machen. Aus Bauxit soll vor Ort Aluminium werden, aber nach ökologisch vertretbarer Methode und zu würdigen Arbeitsbedingungen und Löhnen. Das neue Instrument taugt dann etwas, wenn es auf den Gebieten Bildung und Gesundheit die Rahmenbedingungen schafft, ohne die eine produktive Wirtschaftsleistung im Dienste der örtlichen Gesellschaft gar nicht mehr möglich ist.“