Helmuth Markov zum Bericht „Die Perspektiven von Frauen im internationalen Handel“

Redebeitrag zum Bericht Breyer auf der Plenartagung des Europaparlaments am 27. September 2006 in Strasbourg

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

Die Auswirkungen des internationalen Handels auf Frauen sind bisher nur unzureichend beachtet worden. Der Bericht von Frau Breyer macht deutlich: Frauen sind vom internationalen Handel anders, oft negativer betroffen als Männer.

– 60% der so genannten working poor weltweit sind Frauen. Besonders in Lateinamerika und Süd-Ost-Asien gelten Frauen als flexible „Reservearmee“ und werden zum Beispiel in der Textilindustrie als billige Arbeitskräfte verschlissen.

– Die negativen Folgen von Liberalisierung im Dienstleistungsmarkt betreffen Frauen hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen und Arbeitsmöglichkeiten ungleich stärker als Männer. Das ist sowohl in der EU – 80% der erwerbstätigen Frauen in der EU arbeiten im Dienstleistungssektor – als auch global ein Problem:

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass sich die Aufteilung von (gerecht) bezahlter Arbeit und Familien- und Sorgearbeit noch immer nicht hinreichend verändert hat. Und noch immer sind Frauen diejenigen,
– die verhältnismäßig weniger Geld für dieselbe Arbeit erhalten als Männer,
– die sich um Kinder und Pflegebedürftige kümmern,
– die in informellen, unsicheren Beschäftigungsverhältnissen arbeiten
– die die sozial erheblich schlechter abgesichert sind.
Häufig sogar unabhängig davon, welcher sozialen oder Bildungs-Schicht sie angehören und welcher ethnischen Herkunft sie sind.

Die Gesetzesinitiative der norwegischen Regierung, die eine Pflichtquote von Frauen in Vorständen einführen will, ist zu begrüßen. Vor dem Hintergrund, dass innerhalb der 87 nach Beschäftigungszahlen größten Unternehmen nur ein Prozent der Vorstandspositionen von Frauen eingenommen werden, wird die Benachteiligung von Frauen auch im Westen deutlich. Dem Antrag der PSE- Fraktion, die Kommission zu einem derartigen Legislativvorschlag aufzufordern, stimme ich denn auch zu.

ABER: Nur ein grundsätzliches Umdenken in der Wirtschafts- und Handelspolitik kann tatsächlich dazu beitragen, die Lebensverhältnisse von Frauen (und natürlich auch von Männern) überall in der Welt zu verbessern. Der Fokus muss dabei auf sozialen Aspekten liegen. Ganz wichtig ist dabei die Sicherung des bezahlbaren Zugangs zu qualitativ hochwertigen Leistungen der Daseinsvorsorge. Das sind so elementare Dinge wie Wasser- oder Gesundheitsversorgung ebenso wie zu Bildung und Kultur. Und da darf es eben zum Beispiel nicht sein, dass genau diese Leistungen im Rahmen des EU-Binnenmarktes oder der GATS-Verhandlungen zunehmend als Ware angesehen werden.