Grußwort auf der Konferenz „Systemwechsel und Zusammenarbeit im Gesundheitswesen – Europäische Entwicklungen“, Bad Saarow 23.09.2006

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Genossinnen und Genossen,

wenn man aktuell über Gesundheitswesen im europäischen Kontext redet, kommt man an Artikel II-95 der Europäischen Verfassung einfach nicht vorbei – und zwar unabhängig davon, ob man der Verfassung zustimmt oder sie ablehnt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Verfassung nach dem Nein aus Frankreich und den Niederlanden auf der Intensivstation liegt und alle Ärzte über ihre Genesungschancen noch immer im Ungewissen sind – und das hat wohl auch damit etwas zu tun, dass sich die Diagnose ihrer wirklichen Krankheitssymptome als so schwierig erweist. Aber, zurück zu Artikel II-95. Er befasst sich mit dem zentralen Thema Gesundheitsschutz, mit den diesbezüglichen Rechten der Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union.

Es lohnt sich, diesen Artikel genauer anzuschauen. Deshalb möchte ich ihn gern einmal zitieren:

„Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen der Union in allen Bereichen wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.“

Was bedeutet dieser Artikel?

1. Hier ist nicht nur von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern die Rede, hier wird das Recht eines jeden in der EU lebenden Menschen formuliert, also sein individuelles Recht sowohl auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge als auch sein Recht auf ärztliche Versorgung.

2. Beide Rechte sind selbstverständlich eng geknüpft an die Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten der einzelnen Mitgliedstaaten. Das ist auch vollkommen logisch, denn Gesundheitspolitik gehört zu den so genannten ergänzenden Zuständigkeiten der Europäischen Union. D.h., alle Fragen der Festlegung der Gesundheitspolitik, der Ausgestaltung des Gesundheitswesens, der sehr unterschiedlichen Krankenversicherungssysteme oder die Erhebung von 10 € Praxisgebühren u.a.m. – liegt in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die zur Zeit in unserem Land heiß diskutierte Gesundheitsreform ist ein nationales Reformproblem. Brüssel hat da nicht reinzuregieren.

3. Aber bezogen auf die Politik und die Maßnahmen der Europäischen Union, die die EU in allen ihren Tätigkeitsbereichen unternimmt, darf die EU die Rechte auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nicht zur Disposition stellen.

Besonderes Interesse verdient, dass der oft nicht ganz zu Unrecht geschmähte Teil III der Verfassung einen neuen so genannten Querschnittsartikel enthält, den ich als klaren Fortschritt qualifizieren möchte. Dieser Artikel III-117 stellt den Gesundheitsschutz nicht nur in einen direkten Zusammenhang mit der Frage des sozialen Schutzes, der Beschäftigung oder der Bildung. Er verstärkt zusätzlich den unter 3. genannten Aspekt, dass – wie gesagt – die EU die Rechte auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nicht zur Disposition stellen darf.

Hinzu kommt, dass die Verfassung für die Unionspolitiken eine Reihe wichtiger neuer Rechtsgrundlagen vorsieht, z.B. die Möglichkeit gemeinsamer Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel und Medizinprodukte oder Maßnahmen zur Beobachtung und Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefährdungen u.a.m.

Wenn auf dieser Tagung in Bad Saarow heute über gegenwärtige und künftige europäische Entwicklungen und Zusammenarbeit im Gesundheitswesen beraten wird, dann – so denke ich – sollte man nicht nur im Hinblick auf das Thema Gesundheit aus dem Auge verlieren, dass sich die Anstrengung lohnen könnte, auch darüber nachzudenken, was denn das geeignete Rezept wäre, um dem Patienten Verfassung wieder auf die Beine zu verhelfen.

Liebe Gäste, liebe Genossinnen und Genossen,

ich erinnere mich gern an die Junitage vor zwei Jahren in Dresden, als die PDS in Sachsen einen Kooperationsvertrag mit tschechischen und polnischen Parlamentariern schloss und man gemeinsam vereinbarte, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der politischen Linken in den regionalen und Landesparlamenten im Geiste guter Nachbarschaft und Freundschaft zu entwickeln. Und es ist gut, dass der Brandenburger Landesverband der Linkspartei.PDS an dieses Vorhaben anknüpft.

Seit dem 1. Mai 2004 sind Deutschland, Tschechien und Polen nicht mehr „nur“ Nachbarländer. Alle drei Staaten gehören inzwischen der Europäischen Union an und alle drei haben eine gemeinsame Verantwortung dafür, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in dem gemeinsamen europäischen Haus wohlfühlen, eben so wie zu Hause. Dazu ist es erforderlich, alles dafür zu tun, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner gut verstehen und als umsichtige Nachbarn alles dafür tun, dass der Haussegen nicht in eine Schieflage gerät.

Gesundheit, das ist unsere feste Überzeugung, darf keine Ware sein oder allein Markt- und Wettbewerbskategorien untergeordnet werden. Nicht der Geldbeutel darf darüber entscheiden, ob und vor allem in welcher Qualität Menschen ihre eingangs genannte Rechte tatsächlich wahrnehmen können.

Gerade in diesem Zusammenhang sind ganz offensichtlich große Herausforderungen in unserem gemeinsamen europäischen Haus zu meistern. Ich bin überzeugt, dass die heutige Tagung dazu einen konstruktiven Beitrag leisten wird – und in diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns allen viel Erfolg.

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Genossinnen und Genossen,

wenn man aktuell über Gesundheitswesen im europäischen Kontext redet, kommt man an Artikel II-95 der Europäischen Verfassung einfach nicht vorbei – und zwar unabhängig davon, ob man der Verfassung zustimmt oder sie ablehnt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Verfassung nach dem Nein aus Frankreich und den Niederlanden auf der Intensivstation liegt und alle Ärzte über ihre Genesungschancen noch immer im Ungewissen sind – und das hat wohl auch damit etwas zu tun, dass sich die Diagnose ihrer wirklichen Krankheitssymptome als so schwierig erweist. Aber, zurück zu Artikel II-95. Er befasst sich mit dem zentralen Thema Gesundheitsschutz, mit den diesbezüglichen Rechten der Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union.

Es lohnt sich, diesen Artikel genauer anzuschauen. Deshalb möchte ich ihn gern einmal zitieren:

„Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen der Union in allen Bereichen wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.“

Was bedeutet dieser Artikel?

1. Hier ist nicht nur von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern die Rede, hier wird das Recht eines jeden in der EU lebenden Menschen formuliert, also sein individuelles Recht sowohl auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge als auch sein Recht auf ärztliche Versorgung.

2. Beide Rechte sind selbstverständlich eng geknüpft an die Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten der einzelnen Mitgliedstaaten. Das ist auch vollkommen logisch, denn Gesundheitspolitik gehört zu den so genannten ergänzenden Zuständigkeiten der Europäischen Union. D.h., alle Fragen der Festlegung der Gesundheitspolitik, der Ausgestaltung des Gesundheitswesens, der sehr unterschiedlichen Krankenversicherungssysteme oder die Erhebung von 10 € Praxisgebühren u.a.m. – liegt in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die zur Zeit in unserem Land heiß diskutierte Gesundheitsreform ist ein nationales Reformproblem. Brüssel hat da nicht reinzuregieren.

3. Aber bezogen auf die Politik und die Maßnahmen der Europäischen Union, die die EU in allen ihren Tätigkeitsbereichen unternimmt, darf die EU die Rechte auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nicht zur Disposition stellen.

Besonderes Interesse verdient, dass der oft nicht ganz zu Unrecht geschmähte Teil III der Verfassung einen neuen so genannten Querschnittsartikel enthält, den ich als klaren Fortschritt qualifizieren möchte. Dieser Artikel III-117 stellt den Gesundheitsschutz nicht nur in einen direkten Zusammenhang mit der Frage des sozialen Schutzes, der Beschäftigung oder der Bildung. Er verstärkt zusätzlich den unter 3. genannten Aspekt, dass – wie gesagt – die EU die Rechte auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung nicht zur Disposition stellen darf.

Hinzu kommt, dass die Verfassung für die Unionspolitiken eine Reihe wichtiger neuer Rechtsgrundlagen vorsieht, z.B. die Möglichkeit gemeinsamer Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel und Medizinprodukte oder Maßnahmen zur Beobachtung und Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefährdungen u.a.m.

Wenn auf dieser Tagung in Bad Saarow heute über gegenwärtige und künftige europäische Entwicklungen und Zusammenarbeit im Gesundheitswesen beraten wird, dann – so denke ich – sollte man nicht nur im Hinblick auf das Thema Gesundheit aus dem Auge verlieren, dass sich die Anstrengung lohnen könnte, auch darüber nachzudenken, was denn das geeignete Rezept wäre, um dem Patienten Verfassung wieder auf die Beine zu verhelfen.

Liebe Gäste, liebe Genossinnen und Genossen,

ich erinnere mich gern an die Junitage vor zwei Jahren in Dresden, als die PDS in Sachsen einen Kooperationsvertrag mit tschechischen und polnischen Parlamentariern schloss und man gemeinsam vereinbarte, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der politischen Linken in den regionalen und Landesparlamenten im Geiste guter Nachbarschaft und Freundschaft zu entwickeln. Und es ist gut, dass der Brandenburger Landesverband der Linkspartei.PDS an dieses Vorhaben anknüpft.

Seit dem 1. Mai 2004 sind Deutschland, Tschechien und Polen nicht mehr „nur“ Nachbarländer. Alle drei Staaten gehören inzwischen der Europäischen Union an und alle drei haben eine gemeinsame Verantwortung dafür, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in dem gemeinsamen europäischen Haus wohlfühlen, eben so wie zu Hause. Dazu ist es erforderlich, alles dafür zu tun, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner gut verstehen und als umsichtige Nachbarn alles dafür tun, dass der Haussegen nicht in eine Schieflage gerät.

Gesundheit, das ist unsere feste Überzeugung, darf keine Ware sein oder allein Markt- und Wettbewerbskategorien untergeordnet werden. Nicht der Geldbeutel darf darüber entscheiden, ob und vor allem in welcher Qualität Menschen ihre eingangs genannte Rechte tatsächlich wahrnehmen können.

Gerade in diesem Zusammenhang sind ganz offensichtlich große Herausforderungen in unserem gemeinsamen europäischen Haus zu meistern. Ich bin überzeugt, dass die heutige Tagung dazu einen konstruktiven Beitrag leisten wird – und in diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns allen viel Erfolg.