Pflüger: „Neokoloniale EU-Militäreinsatz, Parlamente werden ausgehebelt“, in Zivilcourage, April 2006

Bei den Begründungen für den bevorstehenden EU-Kongo-Einsatz wird zur Abwechslung mal auch Klartext geredet. Franz-Josef Jung sagt klar, um was es geht: er meinte dass es „um zentrale Sicherheitsinteressen unseres Landes“ ginge und „wir es mit einem großen Flüchtlingsproblem in ganz Europa zu tun bekommen“, sollten keine Soldaten geschickt werden. Und weiter: „Stabilität in der rohstoffreichen Region nützt auch der deutschen Wirtschaft.“ CDU-Abgeordnete legten nach: Andreas Schockenhoff schreibt: „Kongo ist eines der ressourcenreichsten Länder der Welt und verfügt vor allem über strategische Rohstoffe, die für Europa wichtig sind: Wolfram, Mangan- und Chromerze, Kobalt, Uran, Erdöl, Coltan, Beryllium.
Kongo ist das mit Abstand wasserreichste Land auf dem Kontinent. …“

Offensichtlich sind zentrale Gründe für den Kongo-Einsatz: Zugang zu Rohstoffen und Flüchtlingsabwehr, das ist offener Neokolonialismus.

Doch damit nicht genug: Mit dem Kongo-Einsatz will die EU zeigen, dass „Europas Sicherheitspolitik beginnt, handlungsfähig zu werden“, denn „dies ist der einzige entscheidende Grund für diesen Einsatz“, so Klaus Naumann, zugleich ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr und ehemaliger Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. Die EU will endlich militärisch basierter Global Player sein.

Da macht es schon fast gar nichts mehr dass an den gefeierten Wahlen im Kongo die größte Oppositionspartei UDPS gar nicht teilnimmt bzw. teilnehmen kann, weil sie zuerst unter den unzureichenden Bedingungen ihre Anhänger dazu aufrief, sich nicht als Wähler registrieren zu lassen.

Und jetzt will Jung auch noch die führende deutsche Beteiligung an den schellen Eingreiftruppen der NATO und den EU-Battle-Groups und deren kurze Verlegezeit nutzen, um künftig den Bundestag beim Einsatz dieser Truppen zu umgehen. Das Grundgesetz und selbst das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12.07.1994 sollen geschleift werden.