„Der Bericht ist ein Forderungskatalog für noch mehr Militarisierung der Europäischen Union“, Plenarrede zum Bericht von Wogau über die Implementierung der Europäischen Sicherheitsstrategie

Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Die Grünen scheinen zu lernen. Der Vorsitzende des Unterausschusses Sicherheit und Verteidigung hat einen Bericht zur EU-Militärpolitik vorgelegt. Der Bericht ist inzwischen in sozialdemokratische Watte gepackt. Die ursprünglich klare Sprache wurde entschärft. Die Formulierung, dass die EU unter bestimmten Bedingungen für ein Präventivkriegskonzept offen sein soll, die im Entwurf noch vorhanden war, ist offensichtlich nicht mehr vermittelbar gewesen. Das war wohl zu viel Klartext.

Im Bericht finden sich die üblichen politischen Fehler einer militarisierten EU-Außenpolitik. Die Gefahrenanalyse der ESS, die im Bericht übernommen wird, nennt als die größten Bedrohungen, denen die Europäische Union und ihre Bürger gegenüberstehen, den internationalen Terrorismus, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, regionale Konflikte, Scheitern von Staaten und organisierte Kriminalität.

Was ist mit Armut, Hunger und sozialer Ungleichheit? Im Bericht wird einer militärischen Grenzüberwachung – gegen wen eigentlich? – ebenso wie einem militärisch abgesicherten Ressourcenzugang das Wort geredet. Die EU will eine strategische Partnerschaft mit der NATO aufbauen. Im Bericht wird die „zunehmende Fähigkeit der NATO, eine Rolle in Einsätzen außerhalb ihres Bündnisgebietes zu übernehmen“, begrüßt. Dies in einem Bericht des Europäischen Parlaments! Es wurde eine erhebliche Stärkung der Einsatzkapazitäten Europas einschließlich des Luft- und Seetransports gefordert, und die zivil-militärische Vermischung wird noch weiter vorangetrieben.

Der Bericht ist ein Forderungskatalog für noch mehr Militarisierung der Europäischen Union. So wird mehr Geld für Kriseneinsätze gefordert, und diese sollen aus dem Gemeinschaftshaltshalt finanziert werden, also neue Finanzierungen. Nach den Tricksereien mit ATHENA wird nun vorgeschlagen, einen virtuellen Militärhaushalt einzuführen.

Wir wissen alle, dass der Vertrag von Nizza richtigerweise einen eigenständigen EU-Militärhaushalt verbietet. Deshalb wird der tote EU-Verfassungsvertrag wieder bemüht; es heißt: „unterstreicht die Bedeutung des Vertrages über eine Verfassung für Europa, der wesentliche Fortschritte zu einer Union für Sicherheit und Verteidigung erbringen soll“. Genau deshalb sind wir auch gegen diesen EU-Verfassungsvertrag. Was hier gefordert wird, ist eine EU-Militärunion.

Die Punkte 51 und 52 des Berichts lesen sich wie ein Wunschkatalog derjenigen, die aus der EU genau diese Militärunion machen wollen: neue Waffen, mehr Geld dafür, dass die EU auch weltweit als Global player militärisch agieren kann. Das ist der falsche Weg! Die EU ist derzeit an mindestens elf Militär- und Polizeieinsätzen weltweit beteiligt. Weitere sind geplant. Nun steht Afghanistan auf dem Programm. In Afghanistan werden durch NATO-Truppen immer mehr Zivilisten getötet. Die EU will wohl möglichst schnell mit in dieses Schlamassel. Das Gebot der Stunde ist der Abzug der Truppen, zum Beispiel aus Afghanistan. Wir brauchen keine weitere Aufrüstung der Europäischen Union. Wir brauchen eine zivile Europäische Union. Abrüstung ist das Gebot der Stunde!

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