Kommission und Rat weiter uneinsichtig
Rede während der Strasbourger Plenardebatte des Europäischen Parlaments zum Brüsseler EU-Gipfel am 15./16. Juni 2006.
Gabriele Zimmer (GUE/NGL). – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das vergangene Jahr war durch zahlreiche Proteste von Menschen gegen die Dienstleistungsrichtlinie geprägt, aber auch durch Aktionen gegen Sozialabbau oder gegen Demokratieverringerung.
Ich erinnere nur an die Aktionen in Frankreich, in Griechenland, in Deutschland in Deutschland halten heute noch die monatelangen Proteste von Uniklinikärzten an , und das alles hat etwas mit der Politik zu tun, die wir auf nationaler und europäischer Ebene betreiben.
Es wird Zeit, dass sowohl die Regierungen als auch die Kommission und das Europäische Parlament endlich zur Kenntnis nehmen, dass außerhalb der europäischen Institutionen Bürgerinnen und Bürger der EU schon längst damit angefangen haben, ihre eigenen Vorstellungen von einem anderen Europa, von einer anderen EU zu entwickeln.
Dennoch ist aus den bisherigen Planungen und Überlegungen zum bevorstehenden Gipfel erkennbar, dass der Ratsgipfel der Öffentlichkeit den Eindruck vermitteln will, dass man das Nein zur europäischen Verfassung lediglich als Kritik am Politikstil begriffen habe, aber nicht als Kritik an der offiziellen Politik und der Prioritätensetzung.
Mit Plan D, einem Weißbuch für bürgernahe Kommunikation, viel Papier und neuen Websites werden die Prioritäten dieser Politik jedenfalls nicht geändert. Es sei denn, Frau Wallström, das Zuhören, von dem Sie vorhin gesprochen haben, würde endlich von notwendigen Korrekturen abgelöst werden. Wenn Sie das unter den notwendigen Maßnahmen, die Sie vorhin genannt haben, verstehen würden, dann würden wir Sie freilich auch voll und ganz unterstützen.
Allerdings nehme ich die bisherige Reaktion in diesem Jahr als uneinsichtig wahr. Davon zeugt auch der kürzliche Vorschlag der österreichischen Ratspräsidentschaft, den alten Verfassungstext unverändert zur direkten Abstimmung in den EU-Mitgliedstaaten vorzulegen. Das kann es nicht sein.
Es muss eine Korrektur geben. Dann ist es vollkommen legitim, eine Volksabstimmung in Betracht zu ziehen. Das bisherige Verfahren, bei dem in den verschiedenen Ländern nur ratifiziert und glorifiziert wird, muss endlich beendet werden.
Insofern sollte der fünfzigste Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge, von dem vorhin gesprochen wurde, tatsächlich dazu genutzt werden, eine demokratische Aussprache über bisherige Planungen und Vorhaben der EU durchzuführen und damit auch einen Neuanfang für die Europäische Union zu ermöglichen.