Gabi Zimmer: Rede am 06. Juli 2005 in der Debatte des Europäischen Parlaments über ihren Bericht zur Wirkung der Darlehensaktivitäten der EU in Entwicklungsländern

Ich habe die Gelegenheit, Ihnen heute meinen Bericht vorzustellen, zu dem ich vom Entwicklungsausschuss beauftragt worden bin, einen Bericht, der sich insbesondere mit den Wirkungen der Kreditvergabepraxis der Europäischen Union, hier natürlich speziell mit der Europäischen Investitionsbank, befasst.

Dieser heute hier vorliegende Bericht, der morgen zur Abstimmung kommen wird, verfolgt in erster Linie die Absicht, die Europäische Investitionsbank zu einem wichtigen und vor allem zu einem wirksamen Instrument der Entwicklungshilfe zu machen.

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren!

Ich habe die Gelegenheit, Ihnen heute meinen Bericht vorzustellen, zu dem ich vom Entwicklungsausschuss beauftragt worden bin, einen Bericht, der sich insbesondere mit den Wirkungen der Kreditvergabepraxis der Europäischen Union, hier natürlich speziell mit der Europäischen Investitionsbank, befasst.

Dieser heute hier vorliegende Bericht, der morgen zur Abstimmung kommen wird, verfolgt in erster Linie die Absicht, die Europäische Investitionsbank zu einem wichtigen und vor allem zu einem wirksamen Instrument der Entwicklungshilfe zu machen.

Viele von Ihnen haben sich am heutigen Tag der Kampagne Make Poverty History angeschlossen. Das ist selbstverständlich zu begrüßen. Wenn wir an einem solchen Tag, an dem sich das Europäische Parlament auch symbolisch dazu bekannt hat, sich an der Aktion White Band Global Action Day zu beteiligen, muss man aber auch darüber reden, inwieweit die von uns zu verantwortende bisherige Entwicklungshilfe tatsächlich den Ansprüchen genügt, die wir selbst immer wieder – auch nach außen – in den Vordergrund stellen. Die heutige Armut hat bereits eine Geschichte, und Teil dieser Geschichte sind die Fehler, die auch in der Entwicklungsfinanzierung in den letzten Jahren gemacht wurden und die dazu führten, dass heute immerhin 2 736 Millionen Menschen – also fast die Hälfte der Weltbevölkerung – mit weniger als 2 Dollar pro Tag leben müssen.

Ich möchte noch einmal auf einen Teil der Diskussion von heute früh verweisen, der aus meiner Sicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit diesem Bericht steht. Gerade die afrikanischen Bewegungen haben immer wieder Kritik an der Bevormundung durch die Staaten des Nordens geäußert und verlangen von uns vor allem, dass wir einen intensiven Kampf gegen Armut, Hunger und Krankheiten führen, und dass wir uns auf eine völlige und bedingungslose Streichung der Schulden der ärmsten Länder verständigen. Das sollen wir unterstützen. Sie fordern auch, dass größere Ressourcen für die Entwicklungshilfe und vor allem in einer besseren Qualität als bisher zur Verfügung gestellt werden.

Zu den Fehlern der Vergangenheit gehört sicher – das muss man in Bezug auf die Europäische Investitionsbank auch ansprechen – eine mangelnde Koordinierung der verschiedenen Akteure in der Entwicklungsfinanzierung. Trotz der Vereinbarung von Barcelona agieren Kommission und Mitgliedstaaten, multilaterale und nationale Entwicklungsbanken noch immer zu weitgehend nebeneinander. So wirken sie mitunter sogar kontraproduktiv. Daher legt dieser Bericht großen Wert darauf, dass die EIB bei ihren neuen Aufgaben im Entwicklungsbereich von Anfang an auf Kohärenz, Transparenz und vor allem auch auf Koordinierung setzt.

Zu den folgenschweren Fehlern gehört aber auch die Zielsetzung, die in der so genannten Entwicklungsfinanzierung dominierte: die Förderung der eigenen Außenwirtschaftsbeziehungen und die Erschließung der Märkte im Süden durch europäische Unternehmen. Betrachten Sie das begrenzte Mandat der Europäischen Investitionsbank vor allem mit dem Blick auf Kredite in Asien und Lateinamerika, so finden Sie das dort auch fast wortwörtlich formuliert.

Die Anteilseigner der Europäischen Investitionsbank, die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Kommission, verhandeln zur Zeit über ein neues Mandat für die EIB für Kredite außerhalb der Union. Diese Verhandlungen werden aber nach meiner Ansicht zunehmend von Finanzexperten und immer weniger von Entwicklungsexperten geführt. Auch der Sachverstand des Parlaments blieb bisher ausgeschlossen. Doch dieses neue Mandat muss ein klares Bekenntnis zu den Aufgabenstellungen enthalten, die sich insbesondere auch auf die Durchsetzung der Milleniums-Entwicklungsziele beziehen, die Bekämpfung der Armut in den Zielländern.

Damit aber das Parlament über eine entsprechende Ausformulierung dieses neuen Mandats wachen kann, ist es meiner Meinung nach erforderlich – und diese Forderung enthält der Bericht – die Europaabgeordneten bereits im September dieses Jahres über den Verhandlungsstand zu informieren. Es kann nicht sein, dass wir dann vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Die Bekämpfung der Armut darf künftig auch nicht mehr einfach nur an den Zahlen für das Wirtschaftswachstum gemessen werden. Diese verschleiern oftmals auch die wachsende Verarmung gerade in ländlichen Räumen. Auch die dort angeführte Höhe der ausländischen Direktinvestitionen eignet sich nicht als Erfolgsindikator, denn sie sagt nichts über die Schaffung von Arbeitsplätzen oder soziale bzw. ökologische Verträglichkeit der Investitionen aus.

Wenn die EIB zum Beispiel heute in Sambia schweizerische und kanadische Unternehmen bei der Errichtung großer Kupferminen fördert, die ihre Gewinne fast komplett wieder ausführen, den Flüssen vor Ort jedoch ihre Gifte hinterlassen und damit in ganzen Regionen die Landwirtschaft zerstören, dann sind das zwar zählbare Auslandsinvestitionen, aber keine messbare Bekämpfung der Armut.

Der Ihnen heute vorliegende Bericht enthält auch eine Reihe von konkreten Vorschlägen, wie die Darlehenstätigkeit der EIB in den Entwicklungsländern künftig zu verbessern ist. Im Einklang mit den Zielen der Vereinten Nationen bilden gerade auch die Milleniums-Entwicklungsziele den Rahmen für diese Vorschläge, und innerhalb dieser Vorschläge wurden auch sehr viele Detailvorschläge unterbreitet, um hier vorwärts zu kommen.

Ich möchte besonders auf ein Problem verweisen. Nach meiner Ansicht berücksichtigt die Europäische Investitionsbank noch völlig ungenügend die Forderung, insbesondere die Indikatoren der Milleniums-Entwicklungsziele anzuwenden, damit sie überhaupt in der Lage ist, die Wirkung ihrer eigenen Tätigkeit nachfolgend beurteilen zu können. Sie setzt auf allgemeine Angaben. Ich glaube, das reicht einfach nicht aus, vor allem, wenn man dann vergleicht, mit welcher Wirkung andere, nationale Entwicklungsbanken mancher Mitgliedstaaten schon arbeiten.

Gerade der Tsunami hat gezeigt, dass wir einen dringenden Veränderungsbedarf haben, wenn es darum gehen soll, dass die Investitionsbank in Notsituationen in der Lage ist, auch unabhängig von Außenwirtschaftskriterien vernünftige Kredite zu vergeben und tatsächlich wirksam zu helfen. Hier brauchen wir ein klareres Mandat durch die Mitgliedstaaten als Anteilseigner.

Deshalb bitte ich morgen um die Unterstützung zu dem vorliegenden Bericht, damit die Zusammenarbeit zwischen Europäischem Parlament und der Europäischen Investitionsbank auch weiterhin produktiv bleibt und wir im Sinne der Entwicklungshilfe vorwärts kommen.