In der Verfassungsdebatte muss Europa das Thema sein, Rede von Sylvia-Yvonne Kaufmann auf der Plenartagung des Europäischen Parlaments in Straßburg am 15.09.2004

Ich bin froh, dass in immer mehr Mitgliedstaaten Referenden zum Verfassungsvertrag stattfinden und erwarte, dass auch die Regierung meines Landes den Weg dafür schnellstmöglich freimacht.

Es muss allerdings alles dafür getan werden, dass tatsächlich über Europa, und da konkret über die
Verfassung, über den Text, diskutiert wird. Wenn man so manche Diskussion mitverfolgt, da haben die
Kollegen Leinen und Voggenhuber völlig recht, dann muss man in der Tat der Gefahr begegnen, dass die
Verfassung für innenpolitische oder innerparteiliche Ränkespiele herhalten muss.

Ein Hauptproblem in den diversen angelaufenen öffentlichen Diskussionen ist ganz offensichtlich der
verschwindend geringe Kenntnisstand über die genauen Inhalte der Verfassung. Zum Teil kommt
einem da wirklich ziemlich viel Unsinn zu Ohren.

Es muss mehr getan werden für eine gezielte, umfassende Information als Voraussetzung für eine fundierte Diskussion. Und dabei, Herr Kommissar, geht es vor allen Dingen, wie Sie richtig sagten, um die Vermittlung der Fakten. Vielleicht wäre es darüber hinaus überlegenswert, anhand von einigen Beispielen – etwa anhand der Steuerpolitik oder anhand der Frage, ob es einen Gottesbezug in der Verfassung geben sollte – deutlich zu machen, wie breit das Meinungsspektrum zu den diversen Problemen in Europa war und ist.

Sie, Herr Ratspräsident, haben darauf verwiesen, dass der Rat auch eine zeitliche Abstimmung der nationalen Ratifizierungsverfahren prüfen wird. Hierzu möchte ich Sie fragen, ob es nicht angebracht wäre, auf den Mai nächsten Jahres zu orientieren: 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges – dies wäre von hohem symbolischen Wert für den Frieden auf unseren Kontinent und für die europäische Integration.