Verfassungsreferenden in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union!
Rede von Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, zur irischen Ratspräsidentschaft, Straßburg 21. Juli 2004:
Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissionspräsident,
Irland hat die Präsidentschaft in einer schwierigen Situation übernommen. In Ihre Zeit, Herr Ratspräsident, fielen die historische EU-Erweiterung, die Verabschiedung der Verfassung und die Wahlen zum Europäischen Parlament.
Mich beschäftigt besonders die niedrige Beteiligung bei den Europawahlen, obwohl das natürlich nicht primär ein Problem der irischen Präsidentschaft war. Gerade wir Abgeordneten sollten daraus mit aller Konsequenz die Lehren ziehen, statt diesen traurigen Sachverhalt wieder und wieder nur zu beklagen. Tatsache ist, immer mehr Bürgerinnen und Bürger verlieren ihr Vertrauen in die Europäische Union, weil die Gemeinschaft nicht für sie da ist, und ihnen keine Antwort auf ihrer Alltagssorgen gibt.
Laut Eurostat wollen etwa 70 Prozent der Menschen in der EU, dass das Thema Arbeitslosigkeit ins Zentrum der europäischen Politik gerückt wird. Tatsächlich bestimmten jedoch im Wahlkampf nationale Themen und institutionelles „EU-Chinesich“ die Debatten. So darf es nicht weiter gehen!
Jetzt bietet die Ratifizierung der Verfassung die Möglichkeit, mit den Bürgerinnen und Bürgern über die Zukunft der Europäischen Union zu diskutieren. Weil die Menschen davon direkt betroffen sind, sollten sie auch direkt gefragt werden – so der französische Staatspräsident Chirac. Ich finde, er hat Recht: Was in Frankreich oder auch in Großbritannien geht, muss ebenso in Deutschland möglich sein.
Deshalb sollte das Europaparlament, sollten wir alle gemeinsam, nachdrücklich darauf hinwirken, dass in allen Mitgliedstaaten der Union Referenden zur Verfassung durchgeführt werden.