Vergabe öffentlicher Aufträge
Redebeitrag zur Debatte über den Erlass einer Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge sowie einer Richtlinie zur Koordinierung der Zuschlagserteilung im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich unterstütze die Herangehensweise des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt, der eine große Anzahl von Änderungsanträgen zum gemeinsamen Standpunkt des Rates über die neuen Regeln für öffentliche Aufträge eingebracht hat. In diesem Parlament haben wir schon viele Diskussionen geführt, in denen die Notwendigkeit der Unterstützung des Klein- und Mittelstandes unterstrichen wurde, ebenso wie die Notwendigkeit des Abbaus von Bürokratie bei Vergabeverfahren, gekoppelt mit einer höheren Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Beide Forderungen sind wichtige Grundlage für die weiteren wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den Mitgliedsstaaten.
Die Forderung des Parlamentes, die Schwellenwerte für öffentliche Aufträge, unabhängig in welchem Sektor, zu erhöhen, ist dringend erforderlich, wenn man:
a) die sehr hohen Kosten im Bereich des europäischen Auftragswesens abbauen möchte und
b) die Chancen von kleinen und mittleren Unternehmen vergrößern will.
In diesen Kontext gehören auch die Anträge zur Reservierung von 10% der Ausgaben für öffentliche Aufträge für kleine und mittlere Unternehmen sowie die Erhöhung der Schwellenwerte, wenn Behörden als Vertragspartner die durchzuführenden Arbeiten mit einem Satz von über 50% fördern.
Besonderen Wert hat meine Fraktion auch darauf gelegt, dass in die Ausschreibungen Bedingungen des Umweltmanagements sowie der Gewährleistung der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer festzuschreiben sind. Dies hat nicht nur für die Erfüllung der geforderten Kriterien gegenüber den Generalauftragnehmern zu gelten, sondern selbstverständlich auch für die Subunternehmer bindend zu sein. Angebote von Firmen, die ihre finanzielle und personelle Situation nicht klar ausweisen, sollten abgelehnt werden.
Unzureichend erscheinen mir hingegen die Datenschutzbestimmungen bei elektronischer Ausschreibung.
Ich unterstütze gleichfalls die Forderung, dass diejenigen Unternehmen oder Personen, die wegen Konkurses verurteilt wurden oder gegen die ein Gerichtsverfahren anhängig ist, von den öffentlichen Ausschreibungen auszuschließen sind. Dies ist verbindlich zu regeln und nicht nur als eine Möglichkeit einzuräumen. Selbstverständlich ist es notwendig, den Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen auch auf Unternehmen auszudehnen, die bei vorherigen Aufträgen gegen Bestimmungen der Ausschreibungen verstoßen haben – wie z.B. bei der Einhaltung von Qualitätsstandards oder der Tariftreue.
Meine Fraktion hat gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Parlamentes Änderungsanträge eingereicht, insbesondere zum Umwelt-, Gesundheits- und Sozialschutz sowie zu den Produktionsmethoden. Ich hoffe, dass Sie diesen zustimmen können.
Gleichfalls bitte ich Sie, bei der Abstimmung im Plenum zu Artikel 27 die Textfassung des Gemeinsamen Standpunktes des Rates zu übernehmen, da ansonsten in Deutschland 98,5% der Tarifverträge als Ausschreibungskriterium ausgeschlossen wären, und dies einen Wettbewerbsnachteil deutscher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Auftragsvergabe darstellen würde.