Eigenmittel von Banken (Basel II)

Rede von Helmuth Markov zum Radwan-Bericht über die Adäquanz der Eigenmittel von Banken (Basel II) am 1. September 2003 in Strasbourg

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Eine exakte Risikobeurteilung bei der Vergabe von Krediten ist für die Stabilität des Bankensystems von entscheidender Bedeutung. In diesem Sinne unterstützen wir das Ziel des neuen Basel II – Abkommens, die Risikobeurteilung der Banken zu stärken. Ausschlaggebend ist jedoch die Frage, ob der jetzt vorgelegte Ansatz ausreichend ist, und welche Kosten damit sowohl auf die Banken selbst als auch auf die Kreditnehmer zukommen.

In diesem Zusammenhang haben wir einige kritische Bemerkungen.

1. Das gewählte Komitologieverfahren wiederspiegelt die Belange des Europäischen Parlamentes unzureichend, da nicht klar ist, was politische Grundsatzfragen und was technische Fragen sind und somit das Parlament unter Umständen von zukünftigen Änderungen ausgeschlossen würde. Deshalb ist die Forderung des Berichterstatters nach einem formellen Rückholrecht sinnvoll.

2. Das Baseler Abkommen ist vorrangig auf international tätige Banken gerichtet, welche ein Risiko für die Stabilität des internationalen Finanzsystems darstellen können. In vielen Mitgliedstaaten spielen aber kleine, lokale Banken eine wichtige Rolle. Es ist sicherzustellen, dass die durch die neuen Aufsichtsregeln anfallenden Kosten für diese Institute beherrschbar bleiben und nicht zu einer Verteuerung der Kredite führen. Die Kommission hat hier zwar eine flexiblere Basis gewählt als der Baseler Ausschuss, diese ist jedoch nach wie vor nicht ausreichend.

3. Die Befürchtungen, dass sich die Finanzierungsbedingungen von KMU infolge des jetzt vorliegenden Kompromisses verschlechtern werden, sind nicht ausgeräumt. Die 1-Millionen-Euro – Grenze für die Einordnung von Krediten in das regulatorische Retailportfolio ist zu erhöhen, da ansonsten insbesondere die Kosten für Kredite, die kleine Banken ausreichen, für KMU zu teuer werden. Vollkommen unverständlich ist es, dass auf europäischer Ebene keine detaillierte Analyse dazu vorgelegt wurde, wie sich die neuen Eigenkapitalregeln auf die Finanzierungsbedingungen von KMU auswirken werden. Deshalb ist die Forderung des Berichterstatters, diese KMU-Studie noch vor Inkrafttreten des neuen Richtlinienvorschlages vorzulegen und deren Ergebnisse zu berücksichtigen, zwingend zu unterstützen, da ansonsten der Entwicklungsmotor, den die KMU in ihren Regionen darstellen, abgewürgt werden kann.

4. Äußerst problematisch am neuen Eigenkapitalregime erscheinen dessen Auswirkungen auf die makroökonomische Stabilität, da eine Prozyklität sehr wahrscheinlich ist. Befindet sich die Wirtschaft im Abschwung, steigen die Kreditrisiken normalerweise an, wodurch die Banken ihre Kreditvergabe einschränken, Investitionstätigkeit behindern und den Abschwung demzufolge verstärken. Hier sind zwingend veränderte Regelungen einzuführen.