Nein zum Liberalisierungsprojekt „GAP-Reform“
Rede in der Aussprache des Europäischen Parlament zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) am 3. Juni 2003.
Herr Präsident! Die Berichterstatter und Abgeordneten des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung haben harte Arbeit geleistet, um die unausgereiften und teils unzumutbaren Vorschläge der Kommission für eine Reform der Agrarpolitik positiv zu korrigieren. Das beziehe ich ausdrücklich auf die Komplexe Getreide, Trockenfutter, Milch, mit Abstrichen auch auf die Abwehr der Degression und der völligen Entkoppelung der Direktzahlungen. Dass die Ausschussmehrheit meinem Antrag gefolgt ist, bei Roggen eine zeitlich befristete Intervention für die Standorte zuzulassen, an denen es keine Alternative zum Roggenanbau gibt, ist gut, und das besonders im Hinblick auf die Erweiterung.
Insgesamt bin ich jedoch unzufrieden, zumal der Zeitdruck so groß war, dass das Abstimmen am Fließband zu keinem widerspruchsfreien Resultat geführt hat. Zum anderen halte ich es für prinzipiell falsch, dass die Mehrheit im Schulterschluss mit der Kommission ungebrochen über den Weg der Entkoppelung auf die totale Liberalisierung zuschreitet. Ich will es deutlicher sagen: Mir geht es nicht um eine primitive Autarkie, sondern um eine Agrarpolitik, bei der die Binnenmarktorientierung Priorität hat und der Regionalisierung wieder größere Chancen eröffnet werden. Exporte sollten auf veredelte Agrarerzeugnisse beschränkt werden und Importe einem differenzierten Außenschutz unterliegen, der die Entwicklungsländer nicht behindert, zugleich jedoch den nicht multifunktional wirtschaftenden großen Agrarexportländern wie den USA und denen der Cairns-Gruppe den Marktzugang mit Billigprodukten unmöglich macht. Ohne diese Voraussetzung ist in der Europäischen Union keine flächendeckende multifunktionale Landwirtschaft dauerhaft zu verwirklichen. Darüber sollten wir uns alle im Klaren sein.
Zum Schluss möchte ich noch zwei wichtige Gründe für meine Ablehnung des Cunha-Berichtes nennen: Erstens bin ich dagegen, dass die Modulationsmittel als quasi zweiter Kohäsionsfonds dienen sollen. Vielmehr sollten diese Mittel im Interesse der ländlichen Entwicklung im jeweiligen Mitgliedstaat eingesetzt werden. Zweitens halte ich es für falsch, dass bereits frühzeitig mit dem Einstieg in die Entkoppelung begonnen wird. Auch ist das Prinzip der Betriebsprämie nicht vom Tisch. Dabei ist doch offensichtlich, dass eine regionalisierte Flächenprämie weitaus progressiver ist. Einen Vorschlag über Cunha hinaus halte ich jedoch für kaum durchsetzbar.