Strukturfonds: Entwicklung der noch abzuwickelnden Mittelbindungen (RAL) sowie Bedarf für 2004

Redebeitrag zum Bericht Pitella vor dem Plenum in Strasbourg am 21. Oktober 2003

Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

Der Haushaltsausschuss, der Haushaltskontrollausschuss sowie der zuständige Fachausschuss für Regionalpolitik, Verkehr und Tourismus, befassen sich regelmäßig mit dem Monitoring der Umsetzung der politischen und haushaltsmäßigen Vorgaben der europäischen Regional- und Strukturpolitik. In all den Jahren, in denen ich persönlich diesen Prozess verfolgen konnte, stand immer ein Problem im Vordergrund: die zögerliche, zeitversetzte Verwirklichung der verschiedensten EU-Programme, was sich in den RAL konkret beziffern lässt. Das hat Kollege Pitella in seinem guten Bericht genau nach Jahren und Programmen aufgeschlüsselt.

Die Europäische Kommission hatte mit der Annahme der Berliner Agenda für den Zeitraum 2000-2006 eine Reihe von Veränderungen in der Planung, Verwaltung und Realisierung der verschiedensten Programme vorgenommen. In Kürze erwarten wir die Halbzeitbewertung der Kommission für die ersten 3 Jahre der Politik zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der EU. Ohne diesem Bericht vorzugreifen, können wir bereits heute feststellen, dass diese Modifizierungen nicht ausreichend waren.

Der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt, einer der Eckpfeiler der Politik der EU, ist bereits heute in der EU-15 starken Belastungen ausgesetzt, gar nicht zu reden von der EU der 25. Wenn wir dieser Herausforderung Rechnung tragen wollen, müssen die bestehenden Regularien grundsätzlich geändert werden.

1. Die Volkswirtschaften der meisten Mitgliedsstaaten befinden sich in einer Krise. Die durch den europäischen Stabilitätspakt geforderte haushaltspolitische Disziplin der Mitgliedsstaaten wirkt prozyklisch und nicht antizyklisch. Die Regierungen sind in ihren Handlungsspielräumen zur Finanzierung von nationalen Entwicklungsprogrammen eingeschränkt, es werden Kapazitätslücken bei der Kofinanzierung deutlich. Folglich steigen die Summen der nicht verwendeten EU-Mittel an. Kann daraus die Schlussfolgerung gezogen werden, die Staaten brauchen die Mittel nicht mehr, wenn ein bestimmter Zeitpunkt überschritten wurde? Nein, also muss man mehr Flexibilität sowohl beim Stabilitätspakt für Investitionen als auch bei der Kofinanzierung zulassen.

2. Ich war und bin immer ein Verfechter der N+2-Regel für den gegenwärtigen Planungszeitraum 2000-2006 gewesen, habe aber schon selbst im Regionalausschuss für eine flexible Handhabung plädiert. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, z.B. in Ausnahmefällen eine Aufschiebung in N+3 oder aber auch die Freigabe der Mittel für solche Länder und Regionen, die einen zeit- und ordnungsgemäßen Einsatz garantieren. Auf alle Fälle sollte verhindert werden, dass nichtverwendete Mittel, die für die Strukturpolitik vorgesehen waren, wieder an die nationalen Haushalte „zurückgehen“. Die Finanzminister sollten sich nicht über jährliche Finanzspritzen in Milliardenhöhe für ihre nationalen Haushalte freuen dürfen, weil EU-Gelder für dringend benötigte regionale und soziale Entwicklungsprojekte nicht fristgemäß verwendet wurden. Hier ist ein Verfahren erforderlich, das verhindert, dass ohne Zustimmung des Parlaments von der Haushaltsbehörde eingeplante Mittel an die Mitgliedsstaaten zurückgezahlt werden.

3. Ich sehe wie der Berichterstatter die dringende Notwendigkeit der Vereinfachung der Vorschriften zur Durchführung und Verwaltung der EU-Programme, insbesondere was die Übertragung der Verantwortung für die Kontrolle und bedarfsgerechte und gleichzeitig flexible Verwendung der Finanzmittel anbetrifft.

4. Ich möchte meine Erwartungen an die Halbzeitbewertung der Kommission äußern, insbesondere im Hinblick auf eine detaillierte Analyse nach Ländern, Regionen und Programmen, die besonders zum Problem der RAL beitragen.
Angesichts der bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2004 schulden wir den Bürgerinnen und Bürgern Antworten für eine schnelle Verbesserung der gegenwärtigen Situation.