Nachhaltige Nutzung von Pestiziden erfordert integrierte Pflanzenproduktion
Herr Präsident! Der vorliegende Bericht der Kommission setzt auf Nachhaltigkeit in der gesamten Wirtschaft. Das bedeutet vor allem, den Ressourcenverbrauch zu verringern und durch progressive Standards umweltbelastende Wirtschaftsaktivitäten möglichst schnell einzustellen. Dabei kommt es darauf an, die hausgemachten Hemmnisse zu beseitigen, die in der Umweltpolitik meist auf nationalstaatlicher Ebene zu finden sind. Unumstritten bleibt das Kerngeschäft der Landwirtschaft, Lebensmittel gesund, sicher und hochwertig zu produzieren. Trotzdem – oder gerade deshalb – muss gesagt werden können, dass es für viele Landwirte unstrittig ist, Pflanzenschutzmittel zur Vermeidung krankheits-, Schädlings- und unkrautbedingter Ertrags- und Qualitätsverluste bei den Kulturpflanzen im Interesse einer günstigen Nahrungserzeugung einzusetzen.
In der Öffentlichkeit verbindet sich mit dem Wort „Pestizide“ die Vergiftung von Boden, Pflanzen und Lebensmitteln. Für manche ist das zum Kampfbegriff gegen die Bauern geworden. Die Realität ist doch eine andere. Der Anbau von Obst, Gemüse und Wein ist ohne Pflanzenschutzmittel nicht beherrschbar. Es kann deshalb nur darum gehen, die Pflanzen mit einem möglichst niedrigen Einsatz von chemischen Mitteln vor Krankheitserregern, Schädlingen und Verunkrautung zu schützen und zugleich verstärkt biologische und mechanische Alternativen anzuwenden.
Für mich ist das Grundelement einer nachhaltigen Pflanzenschutzstrategie, dass der integrierte Anbau zur gesellschaftlich normalen Art und Weise der Produktion wird. Auf diesem Weg werden die negativen Wirkungen der Pflanzenschutzmittel in der ganzen Breite der Landwirtschaft minimiert. Dagegen ist dieses Ziel mit ökologischem Landbau in der notwendigen Breite nicht erreichbar. Diese Feststellung ist ein sachlicher Befund. Sie steht nicht im Widerspruch zur notwendigen Unterstützung des ökologischen Landbaus.
Im einzelnen halte ich Folgendes für notwendig und unterstützenswürdig: Um die Verbraucher auf dem EU-Binnenmarkt zu schützen, ist eine EU-weite Harmonisierung der Rückstandshöchstgehalte in pflanzlichen Lebensmitteln unabdingbar. Gleichermaßen erforderlich ist die Harmonisierung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Solange das nicht vollbracht ist, muss der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung in den einzelnen Mitgliedstaaten zugelassen werden. Das ist eine Forderung der Chancengleichheit im Wettbewerb.
Mit Blick auf die aktuellen Probleme im Obst- und Gartenbau mahne ich an, vor der Einführung des Substitutionsprinzips die Auswirkungen der Verringerung der in der EU zugelassenen Wirkstoffe von mehr als 800 auf ca. 300 bis Ende 2003 zu analysieren. Die festgelegten Notifizierungsverfahren sind zeitlich viel zu kurz gegriffen. In der Folge kommt es zu Begrenzungen oder zu befristeten Anwendungsvorschriften bzw. zu Verschuldungen als schlechteste Alternativlösung -als gar keine Lösung!
Nach dem gegenwärtigen Konzept sind Hersteller von Pflanzenschutzmitteln verpflichtet zu gewährleisten, dass ihre Produkte die vorgeschriebenen Sicherheitsstandards erreichen. Dass diese Verfahren nicht durchgängig geregelt sind, zeigen die öffentlichen Skandale. Ich bin davon überzeugt, dass ernsthafte Lösungen erst dann erreicht werden, wenn die Hersteller der Vorsubstanzen durch eine Kennzeichnungspflicht veranlasst werden, dem Nachnutzer alle Informationen zu geben, die gebraucht werden.