Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums
Rede von Helmuth Markov, MdEP zur gemeinsamen Aussprache Luftfahrt am 3. September 2002 in Straßburg
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
unzweifelhaft ist, dass der Luftraum über der Europäischen Union gemeinsam verwaltet werden sollte, um die Sicherheit der Nutzung
zu gewährleisten und mehr Qualität, also weniger Verspätungen, zu garantieren.
Meine Unterstützung findet die Herangehensweise der Berichterstatter, in die Diskussion zu Entscheidungsfindungen bei Vorschlägen
zur Nutzung des „einheitlichen Himmels“ Vertreter von Verbraucherverbänden und der Industrie, ebenso wie von Eurocontrol und dem
Militär einzubeziehen. Allein diese Einbindung und die Berücksichtigung der Erfahrungen der zivilen und militärischen Betreiber, der
Produzenten, der Dienstleister im Luftverkehr sowie der Nutzer können solche Entscheidungen herbeiführen, die das erforderliche
Niveau der Sicherheit, der Effizienz und der Interessen des Personals wirkungsvoll miteinander verbinden.
Zweifel hege ich jedoch an der vorgeschlagenen „technischen“ Umsetzung. Eine Trennung zwischen Dienstleistern und Regulierern
scheint mir nachvollziehbar, ich bin jedoch gegen die vorgesehene Möglichkeit der Zerstörung des bisher integrierten Systems von
Dienstleistungen zur Luftraumwachung durch die Vergabe einzelner Aufträge, darunter an private Betreiber. Dies kann zwar zu mehr
Wettbewerbern, die auf dem Markt agieren, führen, bewirkt aber meines Erachtens nicht die angestrebte Erhöhung der Sicherheit,
sondern eher das Gegenteil! Die jetzt vorhandene geographische Fragmentierung der Flugsicherheitsdienste wird lediglich durch eine
ökonomische Fragmentierung ersetzt. Damit werden in keiner Weise die bestehenden Probleme im europäischen Luftverkehr geringer,
sondern wie das Beispiel des kürzlichen Absturzes zweier Flugzeuge über dem Bodensee gezeigt hat, treten neue hinzu. Aus
Rentabilitätsgründen wurden beim Personal solche Einsparungen vorgenommen, dass eine Situation eintreten konnte, in der nur 1
Fluglotse tatsächlich den Dienst ausübte, was einen reibungslosen und vor allem sicheren Betrieb des Dienstes unmöglich machte.
Hier stellt sich mit aller Deutlichkeit die Frage, ob die hochsensiblen Sicherheitsfragen des Luftverkehrmanagements nicht besser bei
einem öffentlichen Dienst aufgehoben sind, der die Vorzüge einer Integration der einzelnen Dienste in einer einheitlichen Kette mit der
erforderlichen Qualität der Arbeit, der beruflichen Qualifikation und der erforderlichen materiellen Ausstattung in sich vereint.
Die Einführung von grenzüberschreitenden Luftraumblöcken stellt zwar einen Schritt in Richtung notwendiger europäischer Integration
des Luftraums dar, kann jedoch nur mit Zustimmung aller beteiligten Staaten erfolgen. Im Zweifels- bzw. Streitfall sollte nicht über die
Köpfe eines oder mehrerer Staaten entschieden werden können. Im Unterschied zum gegenwärtigen Vorschlag der Kommission, der
die grenzüberschreitende Kooperation von gegenwärtig nur sehr begrenzt vorhandenen regionalen Dienstleistern voraussetzt, ist aber
durchaus auch eine enge Zusammenarbeit zwischen bestehenden nationalstaatlichen öffentlichen Flugsicherungsdiensten denkbar
und realistisch. In diesem Falle würden 2 Länder einen grenzüberschreitenden Luftraumblock bilden.
Diese komplizierte Frage der Respektierung der staatlichen Souveränität wird ebenso bei den Überlegungen von Kommission und
Berichterstattern zur Verbesserung der Zusammenarbeit von zivilen und militärischen Nutzern des Luftraums sichtbar. Wie tatsächlich
die Sperrung von Lufträumen für das Militär zu Gunsten der Zivilluftfahrt zurückgedrängt werden kann, lässt sich aus den vorliegenden
Berichten nicht ableiten. Mit den aktuellen Regelungen ist eine bessere Nutzung des einheitlichen europäischen Luftraumes für die
Zivilluftfahrt sowie eine erhöhte Sicherheit kaum zu erzielen.
Als positiv kann die erweiterte Interoperabilität des europäischen Flugverkehrsmanagement-Netzes angesehen werden, da integrierte
Netze natürlich eine erhöhte Kompatibilität ermöglichen sowie dazu beitragen, die Beschaffungs- und Instandhaltungskosten zu
senken.