EU-Integration der Beitrittsländer unter Berücksichtigung sozialpoitischer Erfordernisse organisieren

Christel Fiebiger

Rede in der Parlamentsdebatte zur Erweiterung der Union

Frau Präsidentin! Nach den Beschlüssen von Nizza sind die Beitrittsverhandlungen bis zum Jahresende abzuschließen, um dann im verbleibenden Jahr 2003 die notwendigen Mitbestimmungsrechte in den Länderparlamenten einzufordern oder auch nicht. In dem komplizierten Regelwerk der Beitrittsverhandlungen haben besonders die Kapitel Landwirtschaft, Finanzen und Regionalpolitik ein großes öffentliches Interesse gefunden. Die Bevölkerung ist so aufmerksam wie noch nie zuvor. Das beziehe ich ausdrücklich auf die Bürgerinnen und Bürger in der EU. An dieser Stelle möchte ich die EU-Kommission bitten, die Europa-Points dort, wo sie bestehen, finanziell besser auszustatten, damit sie ihre derzeitigen Aufgaben erfüllen können.

Der jetzige Vorschlag, die Direktbeihilfen für die Landwirte stufenweise bis zum Jahre 2013 anzugleichen, kann nicht das letzte Wort sein. Dieses Modell überzeugt nicht, da es an ausreichenden Begründungen fehlt. Auch der zugrunde gelegte europäische Referenzertrag von nur 2,96, wie z. B. für Polen, als Basis für die Auszahlung der Direktbeihilfe anzuwenden, ist eben mehr als nur ein hässliches Detail. So wird die Existenzfähigkeit und die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft in den Beitrittsländern nicht gefördert. Meine Fraktion erwartet in der Richtung, dass die europäische Agrarpolitik auf lange Sicht nicht mit zwei Politiken fahren darf. Meine Fraktion fordert auch, dass die Integration der Beitrittsländer in die Gemeinsame Agrarpolitik in Abstimmung mit den spezifischen gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen der Länder unter besonderer Berücksichtigung sozialpolitischer Erfordernisse zu organisieren ist.

Die EU-Erweiterung kann nur das gemeinsame Werk der EU, der Mitgliedstaaten und ihrer Regionen sein. Der Entwicklung der Grenzregionen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Alle Beteiligten müssen ihre Anstrengungen verstärken, aber bedürfen der gezielten Aufmerksamkeit der Europäischen Union und der Nationalstaaten. Das jetzige Programm der wirtschaftlichen Entwicklung für die Grenzregionen in Höhe von 245 Mio. Euro ist nicht ausreichend. Die Verfügbarkeit ist an weitere Ab- und Zuflüsse in den Regionen gebunden, und damit werden die ohnehin schwachen Kommunen noch weiter belastet. Wenig belastet wird jedoch der EU-Haushalt. Wenn sich die Ratspräsidentschaft unter dem spanischen Vorsitz nicht auf ein Abschlussergebnis über die landwirtschaftlichen Direktbeihilfen verständigen kann – aus Wahlgründen wie leider in Deutschland -, dann werden die letzten Monate eine Aufholjagd für Chancen, bei der es meiner Ansicht nach nur Verlierer geben wird.