Unbürokratische Hilfe für Überschwemmungsopfer

Christel Fiebiger

Rede zum Tagesordnungspunkt Überschwemmungen in Europa im Europäischen Parlament am 03.09.2002

Herr Präsident! Von der schlimmsten Flutkatastrophe, die seit Menschengedenken die Anwohner der Elbe und einiger ihrer Nebenflüsse heimsuchte, sind auch die Landwirte und ihre Betriebe schwer betroffen. Es gibt zwar noch keine konkrete Schadensbilanz, aber bereits die vorläufigen Meldungen aus den besonders in Mitleidenschaft gezogenen Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt lassen das enorme Ausmaß des Flutschadens erahnen. So belaufen sich die Hochwasserschäden der Land- und Forstwirtschaft nach gegenwärtigem Stand auf rund 287 Mio. Euro. Allein in Sachen sind rund 1.900 Agrarbetriebe unmittelbar vom Hochwasser betroffen, in Sachsen-Anhalt immerhin noch 640 Betriebe. Doch weitaus größer sind die Schäden an Wohngebäuden in den Dörfern, an der Infrastruktur der ländlichen Räume und an den Deichen der Flüsse. Meine Heimatregion, die Prignitz, liegt unmittelbar am Elbestrom. Auch wenn in dieser Region die eigentliche Katastrophe, die Überflutung oder der Bruch der Deiche an der Elbe verhindert wurden, sind die Schäden groß. Immerhin mussten in der Prignitz die Bewohner aus 38 Dörfern evakuiert werden, rund 20.000 Großvieheinheiten wurden vor der Flut in Sicherheit gebracht – eine gewaltige Leistung für nachbarschaftliche Hilfe in der doch so dünn besiedelten Prignitz.

Eine gewaltige Arbeit wurde im Havelland geleistet. Viele Tausende Helfer haben ihr Bestes dazu beigetragen, trotz der Sprengung der Polderdeiche der künstlichen Beflutung des Havellandes entgegenzuwirken. Die Auswirkungen auf die Umwelt und auf die Finanzierung werden erst spät im Jahre 2003 und 2004 sichtbar sein. Ausdrücklich fordere ich, die Vorauszahlung der EU-Flächenprämie von 50% schnell auszuzahlen. Ich bitte jedoch den EU-Kommissar Fischler, die Auszahlung an die Betriebe zu überprüfen, obwohl er dafür eigentlich nicht zuständig ist.

Die mir vorliegenden Antragsformulare sind von bürokratischer Hand und nicht von solidarischer Hand verfasst. Es bedarf also zusätzlichen Geldes. Sonderkredite und Bürgschaftsprogramme sind zwar hilfreich, aber viele Landwirte haben nicht mehr die Kraft, sich neu zu verschulden, zumal diese Programme alle die Eigenschaft haben, zeitverzögernd ihre Wirkung zu entfalten. Wie bekannt, wird die EU in diesem Jahr 1 bis 1,3 Mrd. Euro ihres Etats nicht verbrauchen. Ich bitte dringend zu überlegen, ob die nicht verwendeten Mittel, anstatt sie den Mitgliedstaaten zurückzuzahlen, diesmal nicht als nicht zurückzahlbare Zuschüsse den von den Überschwemmungen schwer geschädigten Landwirten in allen betroffenen Gebieten zugute kommen sollten.

Die EU wird bei der Durchführung ihrer Maßnahmen von den Bürgern auf Herz und Nieren geprüft. Keine Taschenspielertricks und keine politischen Ausweichmanöver, sondern kurzfristiges Geld sind gefordert. Dabei wünsche ich dem Parlament und uns allen eine glückliche Hand.