Zur Reform des Rates und zur Transparenz

Rede von Sylvia-Yvonne Kaufmann, Straßburg 15. Mai 2002

Herr Präsident, Herr Generalsekretär des Rates, Herr Kommissar,

Der Rat ist die zweifellos diejenige Institution mit dem größten Reformbedarf.

Vieles ist nicht länger hinnehmbar, seien es nun die ausgeuferten, undurchsichtigen Strukturen und Unterstrukturen des Rates oder die
mangelnde Koordinierung der Ratsarbeit durch den Allgemeinen Rat.

Unübersichtlichkeit der Strukturen, zu komplizierte Entscheidungsverfahren, vor allem aber Mangel an Transparenz und Offenheit – das
sind die Hauptursachen dafür, dass für die Bür-gerinnen und Bürger bis heute vieles unverständlich, ja überhaupt nicht bekannt, ist.

Es ist zwar eine Tatsache, dass europäische Regelungen ohne Zustimmung der Regierungen im Ministerrat unmöglich sind. Aber es
ist nach wie vor ein beliebtes Spielchen, gegenüber der Öffentlichkeit ein imaginäres Brüssel für schuldig zu erklären oder auch die
Kommission anzugreifen, nur weil es aus innenpolitischen Erwägungen gerade opportun erscheint. Leider hat sich meine Regierung
da in letzter Zeit auch entsprechend unrühmlich hervorgetan.

Nötig sind wirklich tiefgreifende Reformen, und zwar Reformen, die es keinem Minister mehr erlauben, die eigene Verantwortung für
europäische Entscheidungen hinter „Brüssel“ zu verstecken.

Wohin muss die Entwicklung gehen?

– klare Regelungen für demokratische Einflussnahme und Kontrolle des europapolitischen Agierens der Regierungen durch die
nationalen Parlamente;
– öffentliche Sitzungen, wenn der Rat als Gesetzgeber tagt, natürlich mit Fernsehkameras, die Debatten und Abstimmungen
übertragen und für die Öffentlichkeit Entscheidungen nachvollziehbar machen;
– Schaffung eines Rates der Europaminister. Dadurch würde der fortschreitenden Dynamik der europäischen Integration Rechnung
getragen, denn Europapolitik ist schon längst keine klassische Außenpolitik mehr, sondern faktisch europäische Innenpolitik.