Den Krieg verhindern!

André Brie, 15. Mai 2002, Rede im Europäischen Parlament zur Politik gegenüber dem Irak

Sehr geehrter Herr Präsident,

dieser Bericht ist einem extrem schwierigen und vor allem äußerst wichtigen Thema gewidmet.

– Er kommt zur richtigen Zeit.
– Er ist das richtige Signal des Europäischen Parlaments in der sensibelsten Frage internationaler Politik in diesem Jahr, während
der Rat nicht fähig und nicht bereit war, sich auf dem Gipfel von Barcelona zu diesem strategischen Problem zu äußern.
– Er ist auch die richtige europäische Antwort auf die einseitige Orientierung der Vereinigten Staaten auf eine gewaltsame Lösung
des Konfliktes.
– Er hat in seinen drei entscheidenden Aspekten die richtigen Aussagen:

Erstens kritisiert er unmissverständlich die unverantwortliche Politik Saddam Husseins und seines Regimes dem eigenen Volk und der
internationalen Gemeinschaft gegenüber. Der Bericht formuliert die notwendigen Forderungen an den Irak und konkrete Möglichkeiten,
um diese Situation zu ändern, darunter auch klare Anforderungen an die Politik der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten.

Zweitens hebt der Bericht die für mich entscheidende Frage einer Konfliktlösung hervor, indem er die „Bedeutung einer multilateralen
politischen Lösung in der Region unter der Schirmherrschaft der UNO“ betont, „als einzige Lösung, um Stabilität und Frieden in der
Region zu gewährleisten“. Krieg ist eindeutig keine Lösung, sondern hätte die bedrohlichsten Folgen für die ganze Region und die
Perspektive des Verhältnisses zu den arabischen und islamischen Staaten. Ein Krieg darf nicht stattfinden!

Drittens fordern wir mit diesem Bericht den UN-Sicherheitsrat auf, die Wirtschafts- und Handelssanktionen aufzuheben, soweit sie
keine militärische Bedeutung haben. Angesichts der kontraproduktiven Wirkung des derzeitigen Embargos und insbesondere seiner
katastrophalen Folgen für die irakische Zivilbevölkerung, nicht zuletzt die Situation der Kinder im Irak, ist das ein kategorisches Gebot
der Humanität und der politischen Verantwortung. Es ist bedauerlich, dass die meisten unserer Regierungen zu dieser Position bisher
nicht bereit sind.

Schließlich möchte ich hinzufügen, dass dieser Bericht die richtige Autorin hatte. Ich möchte das nicht mit der üblichen Routine in
solchen Fällen erwähnen. Sie, sehr geehrte Frau Kollegin, haben dieses international so heikle und komplexe Thema in jeder der
wesentlichen Richtungen mit europäischer Liberalität in ihrer besten Tradition bewältigt. Dafür möchte ich mich bei Ihnen bedanken.