Jahresbericht der EZB 2000

Rede von Sylvia-Yvonne Kaufmann zum Bericht von Frau Christa Randzio-Plath zum Jahresbericht der Europäischen Zentralbank 2000 am 4. Juli 2001 in Strassburg

Herr Parlamentspräsident, Herr Präsident Duisenberg, meine Damen und Herren,

die Menschen spüren, dass sie die Euro-Malaise bezahlen. Laut „Financial Times Deutschland“ vom 2.07.01 sind in der Bundesrepublik 49% der Bevölkerung gegen den Euro. Über 50% glauben nicht, dass er die Wirtschaft ankurbelt oder die Stabilität der D-Mark erreicht. 30% erwarten einen Wertverlust ihres Vermögens und 67% Preiserhöhungen bei der Euro-Umstellung. Der Euro ist eben keine „Jobmaschine“ und keine „Inflationsbremse“ geworden. Aber genau das wurde den Bürgerinnen und Bürgern einst leichtfertig versprochen.

Herrn Duisenberg bin ich daher dankbar, dass im EZB-Bericht der Kursverfall des Euro als ein Grund für den Inflationsanstieg benannt, zumindest auf das sich verstärkende Inflationsgefälle zwischen den Euro-Staaten verwiesen und nicht dem Dollar die ganze Schuld für die Euro-Schwäche in die Schuhe geschoben wird. Geldwertstabilität in Euroland und Kursstabilität des Euro nach außen lassen sich eben doch nicht voneinander trennen.

Eben so klar müsste gesagt werden, dass die EZB-Geldpolitik ihre eigenen Stabilitätsziele verfehlte und mit dem Euro nun sogar eine Verringerung des Realeinkommens verbunden ist. Die Verantwortung dafür liegt allerdings weniger bei der EZB, deren Spielräume immer geringer werden.

Vielmehr hat die Politik der Euro-Staaten viel zu wenig für die wirtschaftliche Konvergenz der Euro-Staaten getan. Obwohl doch (leider) fast alles vom Öl abhängt, gibt es nicht einmal eine gemeinsame Energiepolitik. Völlig unverständlich ist, dass der französische Vorschlag zur Etablierung einer sogenannten Wirtschaftsregierung unbeachtet bleibt. Die sich eher vergrößernden Inflations- und Wachstumsunterschiede zwischen den einzelnen Euro-Ländern, die in künftigen EZB-Berichten meines Erachtens genauestens analysiert werden müssten, sind gefährlich. Einheitliche Zinsen wirken eben für einige Euro-Staaten zu restriktiv, für andere zu expansiv. Dieser Konflikt kann zum Sprengsatz der Währungsunion werden, wie die gegensätzlichen Auswirkungen der jüngsten Zinsentscheidung auf Deutschland, Irland und Spanien zeigen. Eine auf monetäre Stabilität gerichtete europäische Geldpolitik und gleichzeitig mit ihr konkurrierende nationale Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitiken vertragen sich halt wie Feuer und Wasser.

Die Forderungen im Bericht nach mehr Transparenz und demokratischer Kontrolle der Zentralbank unterstütze ich. Allerdings geben sie keine hinreichende Antwort auf meine Fragen. Deshalb würde ich dazu gerne die Meinung des Präsidenten der EZB hören.