Mittelvergabe und Ergebnisbewertung völlig unzureichend
Rede Helmuth Markovs vor dem Strasbourger Plenum am 16. Januar 2001 zum Bericht von Bushill-Matthews „Initiative für Wachstum und Beschäftigung“ (A5-0335/2000)
Es ist schon erstaunlich was für gute Berichte entstehen, obwohl die Kommissionsgrundlage völlig unzureichend ist. Der Berichterstatter schlägt vor, auch Unternehmen zu befragen, die keine Förderprogramme in Anspruch nehmen, warum sie dies nicht getan haben.
Als Unternehmer habe ich eine Vielzahl meiner Kollegen befragt. Das fast einstimmige Urteil lautet: Beim Europäischen Investitionsfond (EIF) und insbesondere bei den verschiedenen Komponenten des „Amsterdam Special Action Programme“ (ASAP) für Klein- und Mittelständische Unternehmen (KMU) und Beschäftigungsförderung geht uns kleinen Unternehmen der Überblick verloren, weil es eine Vielfalt von Einzelunterprogrammen gibt, bei denen die Zuständigkeit auch noch unterschiedlich verteilt ist. Das sind z.B. die normale KMU-Garantiefaszilität, die „Wachstums- und Beschäftigungsinitiative“, die „Wachstums- und Umweltinitiative“, die EIF-Technologiefaszilität (ETF), das ETF-Start-up- Programm, neue bei EIF/ETF angesiedelte Unterprogramme, seit Lissabon zu Innovation, E-Europe und E-Learning, dann wiederum ein KMU-Programm JEV, das die Kommission eigenständig verwaltet. Also insgesamt wenig Synergie, Bündelung und Transparenz. Wie sind diese Programme gegeneinander abgegrenzt und wo muss ich als Unternehmer für meine Projektideen die Anträge stellen?
Das gleiche Problem hat das Europäische Parlament von anderer Seite her, will es bewerten, wie sich das ASAP insgesamt entwickelt, denn darüber gibt es keine kohärente Darstellung in den Rechenschaftsberichten von Europäischer Investitionsbank (EIB) und EIF. Mal ist allgemein von der KMU-Förderung in ihrer ganzen Breite die Rede, mal werden – schwer nachvollziehbar – die einzelnen Komponenten des ASAP in unterschiedlichen Zusammenhängen aufgeführt.
Die Informationsblätter von EIB und EIF sind neben dürren Infoseiten auf den Websites von Kommission und EIB die fast einzigen Information für die KMU .
Politisch ist an der Ausrichtung des ASAP ebenfalls viel auszusetzen: die Wachstums- und Umwelt-Initiative hat seit Amsterdam nicht mehr Mittel bekommen, sie zielt zudem auf völlig veralteten nachsorgenden Umweltschutz. Der Rest (Wachstum- und Beschäftigung, ETF etc.) wurde zwar kontinuierlich aufgestockt, konzentriert sich aber auf einige wenige High-Tech-Sektoren, hier überwiegend Information & Kommunikation (I&K) und Gentechnik. In vielen Fällen werden nicht die KMU direkt bedient, sondern die Antragstellung läuft über Mittler, in der Regel traditionelle Risikokapital- und Investmentfonds, die von der EIB die Kredite und Garantien kriegen, und bei denen die KMU vorstellig werden müssen.
So weiß eigentlich niemand außer der EIB, welche KMU nun genau für welche Projekte gefördert werden und wie viele Arbeitsplätze dabei entstehen. Das wäre bei der Kommission auch nicht viel anders, aber da hätte das Parlament vielleicht Möglichkeiten, die Rechenschaftspflicht deutlicher zu gestalten. Das Europäische Parlament bekommt diese Infos mit extremer Verzögerung, wenn ohnehin schon alles gelaufen ist. Bei den Abschätzungen der Beschäftigungseffekte dieser Programme gibt die EIB daher bislang auch keine konkreten Zahlen, die aus Rückmeldungen der Mittler bzw. der KMU gewonnen werden, sondern macht eine simple „makroökonomische Modellabschätzung“. Was das ganze gebracht hat, darüber will man erst in 5-10 Jahren genauer Auskunft geben können.
Böse Zungen behaupten, dass das ASAP im wesentlichen zur Stärkung des europäischen Risikokapitalmarkts für I&K, Gentechnik etc. und Existenzgründungen dient und die „Beschäftigungsintensität“ eigentlich nicht näher geprüft und bilanziert wird. Die EIB-Homepage mit der Liste der Fonds, der die EIB-Kredite und Garantien gegeben hat, nährt diese Auffassung.