Die Einschätzungen des EU-Wirtschaftsberichtes sind zu undifferenziert. Er verfehlt die Realität!

Redebeitrag Helmuth Markovs am 14. März 2001 vor dem Strasbourger Plenum zum von-Wogau-Bericht zur Europäischen Wirtschaftslage (Europäische Wirtschaftslage, Bericht zur Vorbereitung der Empfehlung der Kommission für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik. (A5-0082/2001))

Es stimmt: Das europäische Wirtschaftswachstum der letzten Jahre sieht solide aus. Hauptursache dafür ist der angekurbelte Export in den US-Dollar-Raum dank der dortigen Konjunktur und dem schwachem EURO. Also müsste ein Leitsatz lauten: Ein schwacher EURO ist gut für exportorientierte Wirtschaft und damit gut für Europa.

Es stimmt: Die europäische Inflationsrate mit über 2 Prozent entspricht nicht dem Stabilitätskriterium zur Einführung des EURO, vorrangig wegen gestiegener Ölpreise, die auf Dollarbasis gehandelt werden. Also müsste ein Leitsatz lauten: Ein schwacher EURO ist schlecht für die europäische Wirtschaft.

Hieraus sieht man den Widersinn, wenn wirtschaftspolitisches Handeln auf Fiskalpolitik reduziert wird.

Es stimmt: Die Arbeitslosenzahlen sind im letzten Jahr gesunken. Es stimmt aber auch, das, betrachtet man die europäischen Regionen differenziert, die Arbeitslosigkeit in den Ziel-1-Regionen nicht gesunken ist, weil es dort kaum exportorientierte Wirtschaft gibt. Wir haben also keine europäische Konvergenz, sondern weitere Divergenz, d.h. eine sich vertiefende Spaltung der Gesellschaft.

Es stimmt: Die Investitionen sind in den letzten Jahren gestiegen. Aber es stimmt auch, dass der Hauptteil als Rationalisierungs- und nicht als Erweiterungsinvestitionen getätigt wurde und das die Investitionen der öffentlichen Hand in die Infrastruktur gesunken sind.

Was hat das mit zukunftsorientierter Wirtschaftspolitik zu tun?

Kein Vorschlag im Bericht zur Stärkung der Binnennachfrage!

Kein Vorschlag im Bericht zur KMU Problematik!

Kein Vorschlag im Bericht zur Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe!

Kein Vorschlag im Bericht zur europäischen Steuerharmonisierung!

Kein Vorschlag im Bericht, den Lissabonner Beschäftigungsgipfel in die Tat umzusetzen!

Kein Vorschlag im Bericht zur Vernetzung wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Kohäsion!

Kein Vorschlag im Bericht, zum Umsteuern auf Nachhaltigkeit!

Kein Vorschlag im Bericht, mehr Geld für Forschung, Bildung, Ausbildung einzusetzen!

Statt dessen:

– Liberalisierung und Privatisierung;

– Senkung der Sozialstandards;

– Aufhebung der solidarisch finanzierten Kranken- und Rentenkassen.

Diesem Bericht kann ich meine Zustimmung nicht geben.