Evaluierung und Zukunft der humanitären Maßnahmen der Gemeinschaft
Rede von André Brie am 4. September 2000 im Europäischen Parlament
Der vorliegende Bericht ist im federführenden Ausschuss einstimmig angenommen worden. Das spricht zum einen für die ausgezeichnete Arbeit des Berichterstatters. Zum anderen wird auch die Tatsache deutlich, mit welcher Übereinstimmung dieses Haus die humanitäre Hilfe der Europäischen Union und die Arbeit des Amtes für humanitäre Hilfe, aber auch die vorhandenen Probleme betrachtet.
Ich möchte zwei Fragen problematisieren.
Die erste ist sehr prinzipieller Natur. Humanitäre Hilfe muss unabhängig von den Ursachen der jeweiligen Katastrophen und unabhängig von sonstigen politischen Zielen erfolgen. Ihre zunehmende Politisierung ist eine unakzeptable und inhumane Erscheinung. Zugleich ist aber festzustellen, dass es sich bei der wachsenden Zahl von Katastrophen nicht nur um unbeeinflussbare Naturereignisse handelt. Von den Kriegen, in denen humanitäre Hilfe geleistet werden muss, lässt sich das ohnehin nicht sagen. Immer mehr Naturkatastrophen haben offensichtlich damit zu tun, dass der Mensch die globale Öko- und Biosphäre immer stärker beansprucht. Die zwischenstaatliche Gruppe für Klimaveränderungen der Vereinten Nationen (IPCC) hat beispielsweise berichtet, dass bereits ein „spürbarer Einfluss des Menschen auf das globale Klima“ festzustellen ist. Unsere Konzepte des Krisenmanagements müssten daher eine gesellschaftspolitische Dimension erhalten und in die Entwicklungspolitik und zum Beispiel die wirtschaftspolitische Strategie integriert werden. Sonst werden wir vielfach nur die Folgen unserer eigenen Politik kurieren, und die Menschen, vor allem in den Ländern des Südens, werden die von uns verursachten Katastrophen erleiden.
Das zweite Problem hängt unmittelbar damit zusammen und ist sehr praktischer Natur. Ich appelliere an die Kommission die humanitäre Hilfe auch ohne das das eben benannte so umfassende Problem gelöst ist, konzeptionell, organisatorisch und operativ enger mit der Entwicklungspolitik zu verbinden. Dazu gibt es seitens der Kommission bereits Ansätze, die jedoch deutlich verstärkt und entbürokratisiert werden müssten. Beispielhaft ist in dieser Hinsicht meiner Meinung nach das Konzept der entwicklungsorientierten Nothilfe, wie es die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit versucht zu praktizieren.