Redebeitrag zur Einforderung weiterer Währungsreserven durch die Europäische Zentralbank

Helmuth Markov am 16. März 2000 vor dem EP

Im Entwurf der legislativen Entschließung billigt das Parlament die Empfehlung der EZB für eine Verordnung des Rates über die Einforderung weiterer Währungsreserven. Als Begründung werden genannt: Erstens: Der Vertrag sieht dies vor. Wird er per Verordnung nicht angewendet, könnte dies als Meinungsverschiedenheit zwischen der EZB und dem Rat ausgelegt werden. Zweitens: Die notwendige finanzielle Unabhängigkeit der EZB soll gestärkt werden. Drittens: Stärkung der Glaubwürdigkeit des Instruments der Währungsinterventionen und die Förderung der Reaktionsfähigkeit der EZB auf unterschiedliche Szenarien.

Natürlich ist gegen eine strukturelle Verbesserung der Finanzsituation der EZB nichts einzuwenden. Die Frage ist doch nur, ob mit mehr von außen zugeschossenem Geld das Problem auf Dauer gelöst wird. Um dies zu beurteilen, müßten im Vorfeld mindestens folgende Fragen diskutiert werden:

Erstens: Ist es volkswirtschaftlich sinnvoll, eine derart restriktive Geldpolitik zu betreiben, wie die EZB das tut, restriktiver als der FED? Zweitens: Läuft nicht die Erhöhung der Zinssätze für Spitzenrefinanzierungsfazilität und Einlagefazilität, wie ab 9.2.2000 geschehen, der Konjunkturentwicklung zuwider? Drittens: Sind nicht entschiedenere Maßnahmen zur dauerhaften Senkung der Arbeitslosigkeit das probateste Mittel, Preisstabilität zu gewährleisten?

Viertens: Sollte nicht neben einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik auch der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik – also Stärkung des europäischen Binnenmarktes mittels verringerter Eingangssteuersätze in den Mitgliedstaaten – mehr Gewicht verliehen werden? Fünftens: Ist es so falsch anzunehmen, daß die Festlegung des Wechselkurses bei Einführung des Euro mehr politischem Wunschdenken denn ökonomischer Realität entsprach? Sechstens: Welches sind die konkreten Ursachen, daß 1999 die EZB voraussichtlich einen Verlust aufweist?

Aus der Beantwortung dieser Fragen ergibt sich für unsere Fraktion, daß sie diesem Entschließungsantrag nicht zustimmen kann. Nicht, weil die EZB über zuwenig Währungsreserven verfügt, sondern weil sie strukturell falsch ausgerichtet ist und damit permanent diese Liquiditätsschwierigkeiten beklagen wird.