Programm für innovative Maßnahmen mit richtigen Ansätzen

Rede Helmuth Markovs vor dem Strasbourger Plenum am 14. Dezember 2000 zu seinem Bericht „Die Regionen in der neuen Wirtschaft – Leitlinien für die innovativen Maßnahmen des EFRE im Zeitraum 2000-2006“

Seit 1988 fördert die Europäische Union im Rahmen des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung Untersuchungen und Modellversuche zur Regionalentwicklung auf Gemeinschaftsebene, die später zu einem Laboratorium innovativer Maßnahmen entwickelt wurden. Diese Modellversuche mündeten in 2 Gemeinschaftsinitiativen INTERREG (ab 1991) und URBAN (ab 1994), zwei Beispiele, wo ausgehend von der Erprobung neuer Wege und Methoden wichtige Erfahrungen für die Weiterentwicklung der Regionalpolitik gesammelt wurden. Wirksame soziale Partnerschaften und eine Stärkung der lokalen und regionalen Kooperationen waren nennenswerte Ergebnisse innovativer Tätigkeit. Der heute meinem Bericht zugrundeliegende Vorschlag der Kommission für eine Mitteilung an die Mitgliedsstaaten legt die Durchführungsbestimmungen für die Finanzierung der in Berlin beschlossenen innovativen Maßnahmen des EFRE bis 2006 vor.

Ich möchte auf 2 wichtige Aspekte im Vorschlag der Kommission besonders eingehen. Das ist

1. die inhaltliche Neuausrichtung
Dem Vorschlag des Lissabonner Gipfels folgend, den Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft in der Gemeinschaft zu unterstützen, sollen die innovativen Maßnahmen des EFRE von 8 während der letzten Programmplanungsperiode auf 3 prioritäre Themen im Bereich der technologischen Entwicklung konzentriert werden. Dieser Ansatz ist zu unterstützen, da die Kluft zwischen entwickelten und rückständigen Regionen in der technologischen Entwicklung noch sehr viel größer ist als die Unterschiede beim BIP. So haben die 25 am wenigsten entwickelten Regionen der EU in den vergangenen Jahren viermal weniger für Forschung und Entwicklung ausgegeben als der europäische Durchschnitt. Das schlägt sich ebenso in der Anzahl der Beschäftigten im Bereich der neuen Technologien an der erwerbsfähigen Bevölkerung nieder: 14,6% in den 25 entwickelsten Regionen gegenüber 4% in den 25 ärmsten Regionen.

Als Berichterstatter unterstütze ich die in den Bericht aufgenommenen Vorschläge zur Ausdehnung der innovativen Maßnahmen auf solche Bereiche wie Energieeffizienz, Verbreitung erneuerbarer Energien und praktische Anwendung von Klimaschutzmaßnahmen. Die praktische Umsetzung jeglicher Programme und Maßnahmen erfolgt konkret immer vor Ort und hat somit unmittelbare lokale und regionale Auswirkungen.

Die Komplexität und Vielseitigkeit des technologischen Wandels und der strukturellen Änderungsprozesse erfordern zwingend die Einbeziehung aller Partner der lokalen und regionalen Ebene in Entwicklungspartnerschaften, eingebettet in die Erarbeitung von strategischen Konzepten der Regionalpolitik für jede Region. Dieser Vorschlag des EP sollte von der Kommission berücksichtigt werden.

Besonders wichtig ist mir die thematische Einbeziehung der Jugend in die innovativen Maßnahmen der Leitlinien, da sie der künftige Träger der Entwicklung ist. Deshalb ist die Forderung zu unterstützen, dass – unter Ausnutzung und Einbeziehung der anderen EU Förderinstrumente – nationale, regionale und lokale Verantwortliche dafür Sorge tragen müssen, dass überall in der EU die gleichen Voraussetzungen und Bedingungen an Bildungseinrichtungen für die Aneignung moderner Informationstechnologien geschaffen werden.

Aus meiner Sicht besteht ein großer und nicht zu akzeptierender Mangel der Förderpolitik der EU in der unterschiedlichen Abwicklung der Programme. Während die Abwicklungsstrukturen im Rahmen dieses Programms von einem projektorientierten zu einem programmorientierten Ansatz verändert wurden, worüber man an und für sich schon unterschiedlicher Meinung sein kann, weil dadurch meines Erachtens nach ein Stück europäischer Mehrwert, Sichtbarkeit und Bürgernähe verloren gehen, und übrigens auch nicht alle Mitgliedsstaaten entsprechende regionale Behörden eingerichtet haben, verbleiben die innovativen Maßnahmen im Rahmen des ESF bei einem projektbezogenen Ansatz. Damit gibt es für ein und dasselbe Programm im Rahmen zweier unterschiedlicher Fonds gegensätzliche Realisierungsmechanismen. Diese Situation behindert Effizienz, Kompatibilität und Verringerung des bürokratischen Aufwands.

2. die Finanzausstattung des Programms
Obwohl schon im Zeitraum 1994-99 nur 1% der Gesamtmittel des EFRE für innovative Maßnahmen zur Verfügung standen, hat die Kommission die Finanzen für den Zeitraum 2000 bis 2006 – man kann schon sagen radikal und in einer unglaublichen Art und Weise verringert. Zunächst wurden die ursprünglich in den Berliner Beschlüssen zur AGENDA 2000 veranschlagten Mittel in geschätzter Höhe von 800 MEURO, das entspricht ca. 0,7% des EFRE, in letzter Minute auf 0,4% der jährlichen Mittelausstattung bzw. 400 MEURO zugunsten der Mittelausstattung des URBAN-Programmes gekürzt. Zugegebenermaßen auf Drängen und im Interesse dieses Parlaments, das für eine Beibehaltung der URBAN-Initiative gekämpft hat. Dieses Parlament hat aber auch dafür gekämpft, dass diese Reduktion der für die innovativen Maßnahmen zur Verfügung stehenden Mittel durch Ausnützung des Flexibilitätsinstruments kompensiert würde, festgehalten in einer Erklärung zur Finanziellen Vorausschau.

Dessen nicht genug:

Obwohl der mit Schreiben vom 5. September 2000 dem Parlament zugeleitete Vorschlag der Kommission für die Leitlinien der innovativen Maßnahmen des EFRE noch von 400 MEURO sprach, hatte die Kommission bereits im Mai 2000 in ihrer Übersicht über die Verwendung der Strukturfondsmittel im Zeitraum 1994-1999 den Vorschlag unterbreitet, 160 MEURO aus diesem Programm zu entnehmen, um offene Verpflichtungen für den Zeitraum 1994-1999 finanziell decken zu können. Diese Notwendigkeit ergab sich, da die Kommission es am Ende des Jahres 1999 verabsäumt hatte, rechtzeitig für die Deckung dieser eingegangenen Verpflichtungen zu sorgen. Wie der Rechungshof in seinem Jahresbericht festhält, hätte es entsprechende Möglichkeiten gegeben, ohne dass man auf eine Finanzierung aus der jetzigen Periode 2000-2006 von rechtlichen Verpflichtungen aus der Periode 1994-1999 zurückgreifen hätte müssen. Das ist eine unsaubere Querfinanzierung zwischen dem Berlin- und Edinburgh-Paket.

In dem Vorschlag für eine Mittelübertragung 40/2000 hat die Kommission – die Bestimmungen der Haushaltsordnung bis an deren Grenzen ausnutzend – in einer äußerst intransparenten Weise diese fehlenden Verpflichtungsermächtigungen zu Lasten der innovativen Maßnahmen und der technischen Hilfe dieser Periode umgeschichtet. Dabei musste die Kommission zu dem nicht alltäglichen Mittel Zuflucht nehmen und direkten Kontakt zu Mitgliedern des Haushaltsausschusses aufnehmen, um für Unterstützung ihrer Forderung zu werben. Da half auch ein Brief des Vorsitzenden des RETT-Ausschusses Hatzidakis nicht mehr, um die Zustimmung des Haushaltsausschusses zu verhindern.

Bleibt zu hoffen, dass, wie von der Kommission in Aussicht gestellt, die abgezweigten Mittel in den nächsten Jahren aus dem Flexibilitätsinstrument entnommen und den innovativen Maßnahmen des EFRE wieder zur Verfügung gestellt werden. Allein mir fehlt der Glauben, dass das wirklich eintritt!

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich die Änderungsanträge zu meinem Bericht alle unterstützen kann, da sie nicht im Widerspruch zur generellen Linie des Berichtes stehen.